EK2004-57 – Maria als Glied der Kirche und Mutter der Kirche

EK2004-57 – Maria als Glied der Kirche und Mutter der Kirche

s: J. Kentenich, Predigt für die deutsche Gemeinde St. Michael in Milwaukee, USA, 27.12.1964.

Wenn wir nun auf Einzelheiten eingehen wollen, wenn wir nun forschen wollen: Ja, wie hat denn das Konzil die Stellung der Gottesmutter zur Kirche aufgefasst?, dann müssen wir zunächst kurz registrieren, was wir so ausführlich miteinander besprochen haben. Es hat die Gottesmutter zunächst als originelles Glied der Kirche dargestellt und sodann als Mutter der Kirche.

Als originelles Glied. Wollen wir uns einen Augenblick, wenigstens gedrängt, an wuchtige und wichtige Ausdrücke erinnern, die ungemein stark gefüllt sind, die nach dieser Richtung zielen. Die Gottesmutter ist also ein originelles Glied; ein Glied der Kirche wie wir, steht also auf unserer Ebene, aber ein originelles Glied der Kirche. (Das ist) an sich selbstverständlich. Wenn wir von ihr lernen müssen im Sinne der Kirche, aktiv teilzunehmen an der heiligen Messe, ist das natürlich am wirksamsten möglich, wenn wir überzeugt sind, dass sie auch ein Glied der Kirche wie wir ist, freilich ein originelles, ein einzigartiges.

Die drei Ausdrücke, die uns ja wohl neu waren, die aber doch einigermaßen nunmehr verständlich klingen, lauten: die Gottesmutter erstens das Inbild oder das Gleichbild der Kirche, zweitens die Gottesmutter das Urbild der Kirche, drittens die Gottesmutter das Hochbild der Kirche. …

Wenn also die Gottesmutter das Inbild, Gleichbild der Kirche ist, dann setzen wir beide gleichsam auf ein und dieselbe Stufe, (auf) eine Linie. Deswegen das bekannte Wort: die „Mutter Kirche“ und die „Mutter Maria“. Mutter Kirche: die Kirche ist also Mutter, so wie die Gottesmutter Mutter ist.

Es ist also von ganz großer Bedeutung, was das besagen will: die Gottesmutter ist schlechthin das Inbild der Kirche, Gleichbild der Kirche. Ein gleiches Bild hüben und drüben: Mutter und Mutter, innerlich miteinander verbunden, wo es sich um die Funktion und wo es sich um die Fruchtbarkeit handelt.

Dann das Zweite, sie ist aber auch das Urbild der Kirche. Nicht umgekehrt! Die Kirche ist nicht Urbild der Gottesmutter, sondern umgekehrt. Ecclesia imitatur matrem ecclesiae, matrem Mariam. Was heißt das? Die Kirche ahmt nach die Mutterschaft (der Mutter der Kirche), die Mutterschaft der lieben Gottesmutter. Wer ist also das Urbild? Das ist die Gottesmutter, wie wir das dargestellt (haben, und zwar) nicht nur der historischen Abfolge nach, sondern auch der Wertfülle nach. Und dabei haben wir das klassische Wort geprägt: Die Kirche lebt im Heiligen Geist nicht nur von der Fülle Christi, sondern auch von der Fülle der lieben Gottesmutter. Ein sehr gewichtiges Wort.

Die Gottesmutter endlich das Hochbild der Kirche. So hat uns der heilige Augustinus wortwörtlich wieder und wieder gelehrt, wenn er hervorgehoben (hat. Sie ist) das vorzüglichste Glied der Kirche. Wir haben das nachgewiesen an den neuen Selbstformulierungen der Kirche, wie sie sich gesehen hat auf dem Konzil: Kirche als Volk Gottes. (Sie hat) also Abstand genommen von der rein juristischen Auffassung der Kirche, vielmehr ihr innerstes Wesen unter dem Gesichtspunkt „Volk Gottes“ (dargestellt). Was ist die Gottesmutter unter dem Volk Gottes? Vorzüglichstes Glied des Volkes Gottes. Wenn wir die Kirche sehen unter dem Gesichtspunkt des Leibes Christi, was ist die Gottesmutter? Das Herz in diesem geheimnisvollen Leib Christi. Wenn wir die Kirche sehen unter dem Gesichtspunkt der Braut Christi wir spüren, allüberall gilt: Das Konzil (sieht die Kirche) tiefer und tiefer in ihrer Selbstauffassung, und das Bild der Gottesmutter bekommt dann immer eine neue Gestalt, steht aber immer glänzend an erster Stelle.

Und nun, wenn wir nun Letztes sagen wollen, Schönstes, wohl auch Schwerstes, dann meine ich, müssen wir überlegen, was das heißt, die Gottesmutter ist auch die Mutter der Kirche.

Aus:
Peter Wolf (Hrsg.)
Erneuerte Kirche in der Sicht Josef Kentenichs
Ausgewählte Texte
Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt
www.patris-verlag.de