Wallfahrtsgnaden

Wallfahrtsgnaden

Wolfgang Wackerbauer

Unter Wallfahrtsgnaden versteht man >>Gnaden, die gläubige Menschen für sich erwarten, wenn sie bestimmte Wallfahrtsorte besuchen. Das Ziel der >>Wallfahrt nach Schönstatt ist das >>Heiligtum, gleichzeitig gnadenhafter Mittelpunkt der nach diesem Ort benannten Bewegung. In der Ersten Gründungsurkunde stehen folgende Kernsätze, die das Anliegen P. Kentenichs mit dessen eigenen Worten wiedergeben: „… Sie ahnen, worauf ich hinziele: Ich möchte diesen Ort gerne zu einem Wallfahrts-, zu einem Gnadenort machen. … Alle, die hierher kommen, um zu beten, sollen die Herrlichkeit Mariens erfahren…“ (1GU 1914). Tatsächlich hat sich seit 1914 Schönstatt zu einem Wallfahrts- und Gnadenort entwickelt. Der Ort Schönstatt ist – wie andere kirchliche Wallfahrtsorte auch – gekennzeichnet durch den Zustrom des Volkes Gottes, durch vielfältige Gebetserhörungen und durch die Anerkennung seitens der kirchlichen Autorität. Im Unterschied zu den meisten anderen christlichen Wallfahrtsorten aber standen am Beginn Schönstatts nicht außergewöhnliche Ereignisse, wie Erscheinungen und Heilungswunder, sondern das >>Liebesbündnis mit Maria. Über Jahre hat sich mit dem Ort Schönstatt eine innere Erfahrung verknüpft, die Kentenich mit den drei Wallfahrtsgnaden umschreibt:

1. Die Gnade der seelischen Beheimatung

Durch das Liebesbündnis erfahren die Menschen in einer Zeit, in der tragfähige >>Bindungen zunehmend problematisch werden, daß sie ganz und gar angenommen sind. Das Heiligtum wird für viele einzelne Menschen, aber auch für die schönstättischen Gemeinschaften zur >>Heimat, in der sie sich ganz geborgen fühlen können. Die Gnade der Beheimatung soll die innerlich zerrissenen Menschen unserer Tage wieder wurzelfest machen.

2. Die Gnade der seelischen Umwandlung

Durch den ständigen Kontakt mit dem Heiligtum erfolgt in den Menschen, die sich im Liebesbündnis mit Maria verbinden, eine innere Umwandlung, eine Neu-Bekehrung. Durch die persönliche Nähe zur Gottesmutter, die als die „Ganz-Erlöste“ Typus des >>“neuen Menschen in Christus“ und damit bleibendes Vorbild einer christlichen Existenz ist, werden die Menschen Maria immer ähnlicher und zu Jesus Christus, ihrem Sohn, geführt. Im Liebesbündnis geschieht innere Heilung und Neuordnung der Person. Sie wird erzogen und befähigt, sich im Alltag zu bewähren (>>Werktagsheiligkeit). Dabei ist die marianische Haltung des praktischen >>Vorsehungsglaubens entscheidend, aus der heraus der Mensch ertastet, was Gott von ihm erwartet. So wächst Kirche als Gemeinschaft derer, die bewußt aus dem im Liebesbündnis verlebendigten Taufbündnis leben.

3. Die Gnade der apostolischen Fruchtbarkeit (Sendungsgnade)

Die seelische Beheimatung und innere Umwandlung schenken den Einzelnen und den Gemeinschaften die Vitalität, apostolisch wirksam zu werden, d.h. Gesellschaft und Kirche mitzugestalten (>>Apostolat). Im Heiligtum sollen viele apostolische Menschen geformt werden, die im Dienst der Evangelisierung von Kirche und Welt stehen. Je mehr die Gnaden der Beheimatung und der Umwandlung wirksam werden, desto überzeugtere Apostel Jesu Christi werden vom Heiligtum ausgesandt.

Diese Gnaden werden nicht nur im Urheiligtum in Schönstatt erwartet, sondern auch in den Filialheiligtümern, den >>Hausheiligtümern und sinngemäß in den >>Herzensheiligtümern.


Literatur:

  • J. Kentenich, Texte zum Verständnis Schönstatts. Herausgegeben von Günther M. Boll, Vallendar-Schönstatt 1974, 94
  • J. Kentenich, Krönung Mariens Rettung der christlichen Gesellschaftsordnung (Krönungswoche 1946), Vallendar 1977, 84 ff.
  • J. Kentenich, Oktoberbrief 1949 an die Schönstattfamilie, Vallendar 1970, 196 S., 105 f.
  • J. Kentenich, Grundriß einer neuzeitlichen Pädagogik für den katholischen Erzieher. Vorträge der Pädagogischen Tagung 1950, Vallendar-Schönstatt 1971, 198 f.
  • J. Kentenich, Daß neue Menschen werden. Eine pädagogische Religionspsychologie. Vorträge der Pädagogische Tagung 1951. Bearbeitete Nachschrift, Vallendar-Schönstatt 1971, 264 S., 158 f.

Schönstatt-Lexikon:

Herausgeber: Internationales Josef-Kentenich-Institut für Forschung und Lehre e.V. (IKF)

Verlag: Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt – All rights by Patris-Verlag – www.patris-verlag.de

Online-Präsentation: Josef-Kentenich-Institut e.V. (JKI) – www.j-k-i.de

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