CS01 CAUSA SECUNDA Text 1

CS01 CAUSA SECUNDA Text 1

Aus: Wie halte ich mein Partikularexamen? 1917

Die Anfragen aus den Kreisen hochstehender Musensöhne und ernster Erzieher über Zweck und Methode des in der MTA so oft erwähnten Partikularexamens mehren sich. Leider erlaubt uns die Zeit nicht, sie einzeln zu beantworten. Wir möchten es darum auf diesem Wege tun und so zur Verbreitung der segensreichen Übung etwas beitragen.

Sie liegt ja ganz auf der Linie der päpstlichen Kommuniondekrete. Gnadenstand und die ernste Absicht, dem Wi11en Gottes zu dienen, sich mit Gott in Liebe inniger zu verbinden und durch das göttliche Heilmittel den eigenen Schwächen und Gebrechen abzuhelfen, das sind die Bedingungen zum Empfang des Liebessakramentes. Trotz ihrer Einfachheit betonen sie mit Nachdruck die selbsterzieherische Arbeit an der eigenen Seele. Es ist darum Aufgabe, und ich füge hinzu, eine der schönsten und fruchtbarsten Aufgaben einer umsichtigen, katholisch-orientierten Selbsterziehung, die hl. Kommunion nutzbar zu machen für die eigene Charakterbildung und berufliche Tüchtigkeit. Das geschieht wohl am besten durch enge Verbindung zwischen Eucharistie und Partiku1arexamen. Es dürfte sich empfehlen, die Vorträge über hl. Kommunion (wirkliche und geistige) und Selbsterziehung, MTA I 126 u.f. einmal nachzulesen. Wer sich die Mühe dazu nimmt, wird sich der psychologisch feinfühligen und praktisch tiefgreifenden Auffassung Faßbenders anschließen, die er in seinem empfehlenswerten Buch, Wollen, eine königliche Kunst, 1916, 260, Herder, dahin zusammenfaßt: Bezweckt das Dekret also, an die alt-christliche Tradition anknüpfend, zu recht häufigem Empfang der hl. Kommunion anzuregen, und erwägt man, wie darin die Notwendigkeit des Strebens nach dem sittlichen Ideal betont ist, so wird man des Eindrucks sich nicht erwehren können, daß dieses Dekret berufen ist, für die Ausgestaltung der individuellen Seelenführung in der Beicht, insbesondere durch Anleitung zum Partikularexamen… und damit auch für eine gesteigerte Willenskultur im katholischen Volke bedeutungsvoll zu werden.“

Beachtet man auch die Forderung, die der rührige Vorkämpfer für übernatürliche Lebensauffassung und -führung, Universitätsprofessor Dr. Rademacher aufstellt: „So überzeugt wir auch Einspruch erheben dürfen und müssen gegen den Vorwurf, als erwarteten wir von unseren Sakramenten eine Art magischer Wirkung, so wollen wir doch nicht abstreiten, daß die seelsorgerliche Praxis einer besseren Ausnutzung der in der Beichte liegenden religiösen Kräfte fähig und bedürftig ist (305). Es kann als ein ehernes Gesetz der göttlichen Heilsordnung gelten, daß Gott nichts wirkt ohne die Menschen, auf unseren Gegenstand angewendet, daß das Maß der sakramentalen Wirkungen der Andachtsbeichte an die Ausnutzung der natürlichen, geistigen und sittlichen Kraftquellen auf seiten des Beichtkindes, wie auch an die erziehliche Kunst und Sorgfalt des Beichtvaters gebunden ist (307). Die Empfeh1ung der altbewährten Übung des Partikularexamens wird bei manchen ernst strebenden Seelen ihre Frucht tragen, auch wenn dieses nicht an die übliche Form gebunden wird. Daß ein bestimmter einzelner Vorsatz nahe gelegt wird, ist die Hauptsache. Allgemeine Vorsätze werden meist bald vergessen und bleiben wirkungslos“ (310). (Theol. und Glaube 1917, 305: Pädagogisch-Psychologisches zur Andachtsbeichte.)

MTA II, 1917, S. 53 (= Erbe und Aufgabe II, S. 241) ***