CmL1996 IV C 4 Jesu Hirtentätigkeit in der Eucharistie

CmL1996 IV C 4 Jesu Hirtentätigkeit in der Eucharistie

J. Kentenich, aus: Predigt für die deutsche Gemeinde St. Michael in Milwaukee, USA, 12.4.1964

Der gute Hirt führt ja seine Herde auf gute Weide (vgl. Ez 34,14). Und wie sieht die gute Weide aus? Wie sieht die Speise aus, die der Heiland seinen Schäflein anbietet? Nun, das wissen wir. Das ist sein eigenes Fleisch und Blut. Mein Leben ist das Brot für die Menschheit. Wer dieses Brot ißt – so sagt der Heiland ja überaus klar -, der wird leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich euch geben will, ist mein Fleisch für das Heil der Welt (vgl. Joh 6,51). Das große Geheimnis: Er verspricht sein Fleisch, seinen Leib und sein Blut; (er) verspricht, wir sollen es essen, wir sollen es genießen, damit wir leben. Und wiederum: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Fleisch nicht ißt – wie konkret das alles gesagt ist! -, wer mein Fleisch nicht ißt und mein Blut nicht trinkt, der wird das Leben nicht haben (vgl. Joh 6,53). Welches Leben ist hier gemeint? Das ist das Leben des Gotteskindes in uns. Die selbstverständliche Speise, die wir so oft als möglich genießen sollten, damit es nicht erstirbt, das ist die heilige Eucharistie. – So weiß der Gute Hirt für seine Herde zu sorgen.

Und wenn wir nun im einzelnen prüfen wollen, was das alles bedeutet, welche Wirkung diese Speise hat, dann sagen uns die Gottesgelehrten, wir sollten an den einzelnen Symbolen genauer ablesen, welchen Sinn denn diese Speise hat. Wenn wir essen und trinken, was bedeutet das? Sehen Sie, die Speise, gleich, was wir auch immer essen und trinken mögen, das vereinigt sich mit unserem Leben; es gibt also eine Lebenseinheit, wird assimiliert unserer Natur, unserem eigenen Leben. In der heiligen Eucharistie finden wir ein ähnliches Ereignis, einen ähnlichen Vorgang, nur in umgekehrter Ordnung. Hier werden wir assimiliert, gleich- und eingeschaltet dem Leben des Heilandes.

Von welcher Bedeutung das ist! Der Heiland hat uns das ja so sehr klar gesagt. Wir wissen das, verstehen es aber nicht. „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm“ (Joh 6,56). Was will das heißen? Das ist die tiefe Zweieinheit, die vertieft wird, dauernd gemacht wird durch die heilige Kommunion. „Der bleibt in mir und ich in ihm“: Lebenseinheit, Liebeseinheit. Und wiederum, auf der anderen Seite: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, „der Vater und ich, wir sind eins“ (Joh 10,30). So wie ich aus dem Vater und durch den Vater lebe, so wird der, der mein Fleisch ißt, durch mich leben (vgl. Joh 6,57). Klarer, klassischer kann man diese geheimnisvolle Zweieinheit zwischen dem Heiland und uns, die wir kommunizieren, die wir sein Fleisch essen, sein Blut trinken, wohl schwerlich zum Ausdruck bringen.

Und wie diese geheimnisvolle Zweieinheit aussieht? Der Heiland hat selber einmal versucht, durch ein Bild das zu klären (Joh 15,1-17). Wir kennen das Bild: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Rebzweige.“ Wie sind Weinstock und Rebzweige miteinander verbunden? Eine geheimnisvolle Zweieinheit! So werden wir in geheimnisvoller Weise eine Zweieinheit mit dem Heiland durch die heilige Kommunion. Und wiederum: Was bedeutet diese Zweieinheit? Wenn wir so mit dem Heiland verbunden sind, dann bringt der Heiland in uns reiche Früchte hervor. Wenn wir nicht mit ihm verbunden sind, so sagt der Heiland in dem Gleichnis weiter, dann werden wir weggerissen und ins Feuer geworfen, dann können wir keine übernatürlichen Früchte bringen. Von solcher Bedeutung ist die tiefe Zweieinheit geheimnisreicherweise zwischen uns und dem Heiland! Der Vater reinigt die Rebe, damit sie mehr Frucht bringe. Wenn wir also teilnehmen dürfen am Leiden des Heilandes, das bedeutet für uns eine Reinigung, damit wir inniger mit dem Weinstock verknüpft werden. Ein Bild, das uns zum Bewußtsein bringt, wie tief diese geheimnisvolle Liebes- und Lebenseinheit ist, in die wir eingehen durch die heilige Kommunion.

Erschienen in:
Joseph Kentenich
Christus mein Leben
Ausgewählte Texte zum Christus-Jahr 1997
Herausgegeben von Günther M Boll, M. Pia Buesge, Peter Wolf
Patris-Verlag Vallendar-Schönstatt
www.patris-verlag.de