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Erstens: Der praktische Vorsehungsglaube ist es, der Gottes Planung mit Schönstatt erkannt hat und verwirklichen half.
Zweitens: Der praktische Vorsehungsglaube ist es, der im Laufe der Jahre die Feuerproben bestanden hat.
Drittens: Der praktische Vorsehungsglaube ist es, der allen Schönstattkindern, die treu zur Familie, zur Familienmutter und zur Familiensendung gestanden, als Gnade und Charisma in reichem Maße angeboten und geschenkt worden ist.
Die Folgerung aus dieser dreifachen Tatsache ist leicht zu ziehen: Wer so in der Schule unseres originellen Liebesbündnisses groß geworden ist, wer so siegreich mit dem Gott des Lebens und den Unbegreiflichkeiten seiner Führungen und Fügungen im eigenen Leben und in der Familiengeschichte gekämpft, wer göttliche Weisheit hinter allen unentwirrbaren Verknotungen, wer göttliche Allmacht hinter scheinbarer göttlicher Ohnmacht und wer unendlich göttliche Liebe hinter Grausamkeit und Ungerechtigkeit gekostet hat, dem kann es nicht schwerfallen, »dem, der auf dem Tnrone sitzt« (Apk 5,1), auch dann die Zügel des Weltgeschehens in der allmächtigen, allgütigen, allweisen Hand zu lassen, wenn es den Anschein hat, als wenn sie dem Wagenlenker entglitten wären, der braucht die Bedrohung seiner christlichen Existenz nicht zu fürchten.
Ungezählt viele Schönstattkinder haben in den verflossenen Jahren an Kriegsfronten, die einer losgelassenen Hölle glichen, oder in Gefängnissen und Konzentrationslagern, in denen Tod und Teufel erschreckende Triumphe feierten, die Probe auf das Exempel gemaeht und bestanden. Was kürzlich einer aus unseren Reihen /
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bekannte, der lange Jahre in russischen Lagern geschmachtet hat, gibt eine allgemeine Erfahrung wieder. Er schreibt: »Ich habe mit großem Interesse in allen Situationen die Brauchbarkeit unserer Schönstätter Art, das Leben zu meistern, ausprobiert. Sie hat sich glänzend bewährt. Darum bleibe ich Schönstatt in allen Lagen treu!«
Zeugnisse dieser Art bekommen erst das rechte Gewicht, die Bedeutung unserer originellen Bündnisschule tritt erst dann ins helle Licht, wenn wir den Gegenstand unseres Vorsehungsglaubens näher ansehen und in größere Zusammenhänge stellen.
Der Gott des heutigen Lebens
[51] Wie wir bereits angedeutet haben, gibt es nicht wenige Christen, die treu an allen definierten Dogmen festhalten. Sie glauben an die Gegenwart des Herrn in der Eucharistie, an das Geheimnis der Dreifaltigkeit, der Menschwerdung und an vieles, vieles, vieles andere. Sie sagen auch ohne sonderliche Schwierigkeit nach, was sie von Inhalt und Bedeutung der Lehre von der göttlichen Vorsehung gelernt haben. Sie wissen ferner manches Schöne und Beglückende von dem Eingreifen Gottes ins Urchristentum und Mittelalter zu erzählen. Die Not, das Dunkel, die Krise beginnt da, wo die Unbegreiflichkeiten der heutigen Zeitgeschichte berührt werden und zur Diskussion stehen. Solange sie gesättigt und gefriedet hinter dem grünen oder an dem wohlgedeckten Tisch sitzen und das schaurig-schöne hin- und herjagende Spiel sich zusammenballender pechschwarzer Wolken oder die heranbrechende Naturkatastrophe, das grelle /
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Aufleuchten der Blitze und das drohende Grollen der Donner vom gesicherten Ort aus beobachten konnten, ging es noch einigermaßen an.
Die Situation änderte sich aber in dem Augenblick wesentlich, wo sie selbst in Sturm und Ungewitter hineingeraten sind, wo sie die übliche, feste Grundlage gewohnter seßhafter Verhältnisse und selbstverständlicher Meisterung bekannter Umstände verloren haben, wo sie ins Dunkel von Gegenwart und Zukunft hineinstarren und gewärtig sein mußten, von der Eisscholle, die sie inmitten eines furchtbaren Schiffbruches erwischt hatten, jeden Augenblick in die endlos unbarmherzigen und rätselhaften Tiefen hilflos und unrettbar hinabgeschleudert zu werden.
Nicht der Gott der Heiligen Schrift und religiösen Bücher, nicht der Gott der Altäre, nicht der Gott in fernen Himmelshöhen und im nahen Herzensschrein ist für sie in Frage gestellt. Ihr Problem – schlechthin das Problem – ist der Gott des Lebens, der Gott des heutigen Lebens. Es ist der Herr, der im Sturme der heutigen Zeit seelenvergnügt zu schlafen scheint und auf stürmisch drängende und quälende Weckrufe sich nicht vom Schlafe aufscheuchen läßt. Alles Bitten und Betteln, alles Rufen und Schreien »Herr, hilf uns, wir gehen zugrunde!« (Mt 8,25) scheint vergeblich zu sein. Er schläft weiter, weiter, weiter. Er sieht nicht und hört nicht; er weiß nicht, um was es geht – so hat es wenigstens den Anschein. Menschen dieser Art fehlt der praktische Vorsehungsglaube.
Es mag nicht lange mehr dauern, dann verlieren sie auch den theoretischen Glauben an Gottes weise und fürsorgliche Weltregierung oder das grundsätzliche Stehen zu /
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einem von Gott entworfenen und zielstrebig durchgeführten großen Weltenplan. Ist die Wurzel des Glaubens einmal auf solche Weise angekränkelt, so wird der Bazillus sich bald vermehren und die Wurzel ganz zerstören, so daß sie den Baum des religiösen Lebens nicht mehr tragen kann. Kommt sodann ein großer Sturm, so bricht er elendiglich zusammen.
Das ist das traurige Schicksal vieler heutiger, auch dogmatisch gut geschulter Christen, die nicht selten glänzend über religiöse Wahrheiten sprechen können. Der Glaube ist bei ihnen im Kopf geblieben, er ist nicht in Herz und Leben übergegangen, kurz, er ist nicht zum praktischen Vorsehungsglauben ausgereift. Darum konnte er nicht tief genug Wurzeln schlagen, wenigstens nicht tief genug für das Sturmesgewitter der heutigen apokalyptischen Zeit. Die von ihm geformten Menschen gehören nicht zu der Klasse, von denen man im paulinischen Sinne sagen kann: »Justus autem meus ex fide vivit(32).«
1952, 13. Mai – 1952, 31. Mai (A)
Aus: Das Lebensgeheimnis Schönstatts. I. Teil: Geist und Form, Vallendar-Schönstatt 1971, 242 S.
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