Nun nehmen wir die beiden Ausdrücke einmal „in die Hand“: priesterliche Mütterlichkeit! Wie ist das Wort „priesterlich“ hier zu fassen? Nach der Meinung oder im Munde von Professor Goldbeck zweifellos nicht im Geiste des geweihten Priestertums. Denn darum hat es sich nicht gehandelt. Jeglicher Führer, ob politischer Führer oder anti-katholischer Führer, muß in sich die Grundelemente des wahren Führertums verwirklichen, muß also auch als Mann eine priesterliche Väterlichkeit, als Frau eine priesterliche Mütterlichkeit sich als Grundhaltung angeeignet haben. Sie hören also heraus, daß der Begriff „priesterlich“ nicht im Sinne des geweihten Priestertums zu fassen ist.
Was will Professor Goldbeck aber damit sagen? Er will sagen: Der wahre, echte Führer muß aus einer jenseitigen, metaphysisch begründeten und gegründeten Welt herauskommen. Der wahre, echte Führer muß auf Felsengrund stehen. Das muß zunächst nicht die Religion sein; aber letzte metaphysische Wahrheiten müssen es ein, in denen der wahre, echte Führer beheimatet ist.(…) Wenn wir nachher sprechen von der priesterlichen Mütterlichkeit im Lichte des Glaubens, dann müßte ich Ihnen nachweisen, daß sogar jeder Christ an sich die Teilnahme am geweihten Priestertum sein eigen nennen darf, daß wir also alle seinsgemäß auch geweiht sind, daß wir eine Priesterweihe haben oder – wenn Sie wollen – eine Laienpriesterweihe empfangen haben, also auch den seinsgemäßen Untergrund haben für diese pädagogische Auswertung, für dieses Beheimatetsein in der metaphysischen, übernatürlichen, religiösen Welt. Doch darauf müssen wir (in diesem Zusammenhang) verzichten. Um die Gedankengänge nicht zu verwirren, wollen wir im ersten Punkt ja nur Stellung nehmen zu der Streitfrage der heutigen Zeit und dann immer Eckpfeiler hinstellen, von denen aus wir uns belichten und beleuchten lassen können die Linie in unserem eigenen Innern, die Grundhaltung einer echten priesterlichen Mütterlichkeit.
Veröffentlicht:
Kentenich, Josef
Ethos und Ideal in der Erziehung
Wege zur Persönlichkeitsbildung. Vorträge der Jugendpädagogischen Tagung
Schönstatt-Verlag
ISBN: 978-3-920849-16-4
Zum Online-Angebot des Verlags
blaue links führen zur Seite,
grüne Links führen zum Lexikon