Universalismus des Seins! Ob wir hier denken an die einzelnen Seinsordnungen oder ob wir denken an die einzelnen Seinsarten oder Seinsverpflichtungen, auf der ganzen Linie ist dieses Weltreich getragen von dem Gedanken des Universalismus des Seins.
5.1.1 Universalismus der Seinsordnungen
Universalismus der Seinsordnungen! Sie mögen sich hier erinnern, daß das Sein schlechthin Gott selber darstellt, die causa prima. Halten Sie aber auch fest, was der heilige Thomas erarbeitet und die Kirche legitimiert hat: die tiefe Auffassung von der Eigengesetzlichkeit der Zweitursache, der causa secunda. Das hat von Anfang an in der Familie immer eine starke Anerkennung gefunden.
(Das ist der) Universalismus der Seinsordnung: der göttlichen, übernatürlichen und der natürlichen Seinsordnung. Von Anfang an haben wir in tiefer Ehrfurcht vor jedem Sein gestanden, ob es sich um Erst- oder Zweitursache, um die Kreatur oder um den Kreator handelte. Deswegen das Lieblingswort: Ordo essendi est ordo agendi! Deswegen (die) ständige Orientierung am Sein!
5.1.2 Universalismus der einzelnen Seinsarten
Universalismus der einzelnen Seinsarten! Ob es sich dabei handelt um männliches oder weibliches Sein, die uns arteigene Haltung ist und bleibt – fast möchte ich sagen – die anbetende, die jeglichem Sein ehrfürchtig geöffnete Haltung. Darum sollte uns kaum etwas mehr eignen als die Ehrfurcht und Anbetung.
Universalismus der Seinsarten! Ob es sich um das werdende, das reifende oder vollendete Sein handelt, überall ist ständig das Suchen nach dem objektiven Sein.
5.1.3 Universalismus der Seinsverpflichtungen
Universalismus der Seinsverpflichtungen! In allem Geschaffenen haben wir immer geschaut – bald bewußt, bald weniger bewußt – eine Inkarnation der göttlichen Gedanken, aber auch eine Inkarnation der göttlichen Wünsche. Deswegen haben wir von Anfang an in der Familie immer versucht, ein großes Reich der Wahrheit, des Rechtes und der Gerechtigkeit zu fundamentieren.
Ein großes Reich der Wahrheit! Die geschaffenen Dinge sind inkarnierte Gottesgedanken, zum Beispiel der Mann, die Frau sind inkarnierte Gottesgedanken. Darum das starke Suchen jeweils nach der Idee Gottes. Und dieser Wahrheit gegenüber haben wir uns immer gebeugt. Auch das werdende und reifende Kind, der reifende Jungmann, das reifende Jungmädchen: überall (schauen wir) inkarnierte Gottesgedanken, aber auch Gotteswünsche. In der Schweiz beschäftigt man sich gegenwärtig in wissenschaftlichen Kreisen sehr stark mit der »Organischen Aszese«. Und gern wird der Vorwurf erhoben, wir seien Naturalisten. Das sind wir auch in gewissem Sinne. Das ist und soll unsere Stärke sein.
Aus der Natur der Dinge suchen wir immer wieder die Idee und Absicht Gottes, die Wahrheit zu ermitteln. Darin besteht heute zum großen Teil unsere Sendung. Das ist das, was die Welt heute braucht. Die heutige Zeit ist auf der ganzen Linie mechanistisch eingestellt. Sie hat die Weltordnung, das Individuum, die Gesellschaft getrennt von Gott. Und wir, die wir so stark auf das Leben eingestellt sind, haben immer unsere Aufgabe darin erblickt, den Gott des Lebens immer wieder in Verbindung zu bringen mit dem Leben. Deshalb sagen wir auch: Die Gnade setzt die Natur voraus, und zwar die Natur nicht nur als Träger der Gnade, nicht nur als Gegenstand des gnadenhaften Wirkens, sondern auch die Natur als Erkenntnisquelle für den Wunsch und Willen Gottes. Das sind die Fundamente unserer Theorie vom Persönlichen Ideal. Deswegen (vertreten wir den) Universalismus des Seins, aber auch (den) Universalismus des Lebens.
Aus:
Josef Kentenich,
Krönung Mariens – Rettung der christlichen Gesellschaftsordnung (Krönungswoche 1946)
Schönstatt-Verlag, Vallendar-Schönstatt 1977, 279 S.
ISBN: 978-3-920849-29-4
S. 122 – 126
blaue links führen zur Seite,
grüne Links führen zum Lexikon