Seit dem Tode Kentenichs sind fast 40 Jahre vergangen. In dieser Zeit haben sich Welt und Kirche erheblich verändert. Daher stellt sich die Frage, ob Kentenichs Weltsicht und sein pädagogisch- seelsorgerlicher Ansatz in unsere Zeit übertragbar sind, ob es Kernpunkte gibt, die für die heutige Zeit besonders aktuell sind und in welcher Weise eine Übertragung ins sozialpädagogische Handlungsfeld erfolgen könnte. In einem ersten Schritt wird es darum gehen, Kentenichs Einschätzung der Zeitsituation in Bezug auf heute zu überprüfen und an einem konkreten sozialpädagogischen Handlungsfeld zu exemplifizieren In Kap. 5.2 werden ausgewählte Erkenntnisse der Bindungsforschung dargelegt, die Konsequenzen für den pädagogischen und seelsorgerlichen Umgang mit Menschen haben können. Dies ist notwendig, um zu überprüfen, ob Kentenichs Bindungsverständnis auch einer wissenschaftlichen Sichtweise standhält. Daran anschließend wird in Kapitel 5.3 eine Auswahl der möglicherweise übertragbaren Aspekte vorgenommen und untersucht wo die Grenzen der Übertragbarkeit liegen.
Wie in Kapitel 2.4 dieser Arbeit dargelegt wurde, betrachtete Kentenich seine Zeit als eine Epoche noch unbekannter Dauer, in der sich fundamentale Umbrüche vollziehen. Er deutete dies im Horizont eines hintergründigen Ringens zwischen göttlichen und widergöttlichen Kräften. Seine Einschätzung erwuchs aus dem Glauben und kann daher nicht mit wissenschaftlichen Methoden nachgeprüft werden. Allerdings erleben wir derzeit eine zunehmende Beschleunigung der von ihm beobachteten Veränderungen. Durch den technischen Fortschritt vollzieht sich die Globalisierung immer rascher. Weite Distanzen können z.B. per Flugzeug, Informationen per Satellit oder per E-Mail in kürzester Zeit überbrückt werden. Viele Menschen können die Relevanz der sie erreichenden Informationen für ihr Leben nicht einschätzen. Gleichzeitig nimmt besonders in den großen Städten die Anonymität zu, Menschen aus verschiedenen Ländern, die sich kaum kennen, wohnen nahe beieinander und können sich doch nur wenig miteinander verständigen. Durch die steigende Arbeitslosigkeit und Perspektivenlosigkeit mitbedingt nehmen soziale Spannungen zu. Der sichere Halt in einer stabilen Familie, einem sozialen Netz und mit einem festen Arbeitsplatz bleibt für immer mehr Menschen ein Wunschtraum . Kentenichs Wahrnehmung zunehmender Entwurzelung und ebenso zunehmender Bindungslosigkeit trifft die gesellschaftliche Realität meines Erachtens sehr gut. Entwicklungen, die er nicht vorhersehen konnte, wie die zunehmende Umweltverschmutzung, den Klimawandel und die Auseinandersetzungen über knapper werdende Ressourcen wie Öl verstärken den Prozess der Verunsicherung.
Das Menschenbild- und Gottesbild des alten, christlich geprägten Europa ist in Auflösung begriffen. Parallel zu den so genannten Patchworklebensläufen entwickeln sich Patchworkidentitäten und Patchworkweltanschauungen, die aus Gedankenbausteinen zusammengesetzt sind, die zum persönlichen Lebensstil oder Lebensentwurf passen. Die Zugehörigkeit zu den tradierten christlichen Konfessionen nimmt weiter ab. Andere Religionen wie der Islam oder der Buddhismus sind in der Gesellschaft als Sinnangebot präsent, geschlossene christliche Milieus werden immer seltener. Verschiedene Normsysteme existieren in den gesellschaftlichen Subsystemen parallel nebeneinander, teils mit Überschneidungen, teils isoliert.
Kentenichs Einschätzung, dass die Frage nach der Beheimatung im geistigen, personalen wie auch im lokalen Sinne zentral für die seelische Integrität des Menschen ist, halte ich für zutreffend. Hinzu kommt, dass der Einzelne erst dann in der Lage ist, gewinnbringend für ihn relevante Informationen auszuwählen und Entscheidungen zu treffen, wenn er seinen Standort und eine Zielrichtung für sein Leben gefunden hat.
Im Mittelpunkt des sozialpädagogischen Handelns stehen Menschen, die aus verschiedenen Gründen den Anforderungen des täglichen Lebens nicht gerecht werden können oder am Rande der Gesellschaft stehen und eine spezifische Förderung oder Unterstützung benötigen. Da die Problemlagen sehr komplex sind, müssen auch die Lösungsansätze verschiedene Ebenen berücksichtigen. Als ein mögliches Beispiel der vielfältigen Verzahnung der Problembereiche möge hier meine Arbeit mit jugendlichen Schwangeren und Müttern in einer Jugendhilfeeinrichtung stehen, die bereits in der Einleitung kurz skizziert wurde. Die jungen Mütter kommen aus einem schwierigen familiären und sozialen Umfeld, sie haben oftmals Beziehungsabbrüche, körperliche oder psychische Gewalt erlebt. Einige haben Erfahrungen mit Alkoholkrankheit oder Drogenabhängigkeit gemacht. Selten hatten sie über längere Zeit eine stabile Bindungsperson. Mit den Worten Kentenichs gesprochen handelt es sich um wurzellose und heimatlose Menschen. Für ihr Leben haben sie noch keine Zielrichtung, kein persönliches Ideal, gefunden. Ihre persönliche Wertewelt ist oftmals geprägt von den Dingen, die man kaufen kann. Sie sind es gewöhnt, nicht wertschätzend behandelt zu werden und lassen schmerzhafte Grenzüberschreitungen durch Partner zu, um im Gegenzug ein wenig Geborgenheit zu erfahren. Dies prägt ihre Persönlichkeitsentwicklung nachhaltig, das Selbstbild ist vielfach unrealistisch und geprägt von Ohnmachtserfahrungen und Minderwertigkeitsgefühlen. Daher haben sie ihre sozialen und alltäglichen Kompetenzen nur unzureichend und nicht altersentsprechend entwickeln können und deuten die Reaktionen anderer Menschen vielfach unzutreffend, ihre Frustrationstoleranz ist erniedrigt, die Gewaltbereitschaft oftmals erhöht. Der Kontakt zur Herkunftsfamilie und den Kindsvätern ist in der Regel voller Konflikte. Oft haben die jungen Frauen noch keinen Schulabschluss. Die Voraussetzungen, Bindungen einzugehen, insbesondere zu einer sicheren Mutter- Kind- Bindung zu gelangen, sind sehr eingeschränkt. Die Kinder wiederum sind schon seit Zeit der Schwangerschaft mit Stress belastet und als Säuglinge häufig sehr anstrengend, was die Mutter- Kind- Bindung wiederum schwieriger macht. Ausgedrückt in Kentenichs Worten ist der Bindungsorganismus nicht genügend entwickelt, weder im Bereich der personalen noch der ideellen Bindungen. Falls nicht durch häufige Umzüge auch die lokale Beheimatung von vorneherein als Ressource ausfällt, sind lokale Gebundenheiten meist wenig förderlich, da es sich oftmals um Bindungen an ein unfrei machendes Umfeld handelt, z.B. an eine alkoholkranke Familie oder an eine kriminelle Peergroup. Die Hilfeangebote für Mütter und Kindern müssen möglichst alle Problembereiche abdecken. Zum einen soll eine persönliche Nachreifung der jungen Frauen ermöglicht werden, weiter eine Verbesserung der sozialen Kompetenzen, eine ausreichend sichere Mutter- Kind- Bindung, die Vermittlung von Alltagskompetenzen, schulische und berufliche Förderung mit dem Ziel einer gesellschaftlichen Integration der randständigen Personen.
Aber auch die in einem solchen Arbeitsfeld wirkenden Menschen brauchen immer wieder Hilfestellungen. Die Arbeit ist oft extrem anstrengend und nicht am äußeren Erfolg zu messen, Rückschläge müssen verkraftet werden. Dies ist auf Dauer nur für Menschen möglich, die sich sehr bewusst für diese Arbeit entschieden habe.
Im Gegensatz zu den angestellten Mitarbeitern, die nach ihrer Arbeit das Haus verlassen, wohnen die Ordensschwestern mit den Klientinnen unter einem Dach. Die Möglichkeit, sich durch einen räumlichen Abstand seelisch zu regenerieren, ist eingeschränkt. Dies ist auf für längere Zeit nur lebbar, wenn zum einen die körperliche und seelische Belastbarkeit hoch genug ist, zum anderen, und das scheint mir das Entscheidendere zu sein, wenn die Verwurzelung in der Wirklichkeit des Glaubens tief genug ist. Auch gilt es, immer wieder die Gefahren zu sehen und ihnen entgegenzuwirken, die durch das sehr enge Zusammenleben in der Heimsituation per se gegeben sind, z. B die Gefahr unbemerkter Grenzüberschreitungen. Die Arbeit wird zusätzlich erschwert durch den zunehmenden Rechtfertigungsdruck gegenüber der Öffentlichkeit aufgrund der Finanznot der öffentlichen Haushalte und der Suche nach billigen Lösungen.
Bei der Untersuchung des kentenichschen Bindungsverständnisses in Pädagogik und Seelsorge ergibt sich die Frage, inwiefern sein Ansatz jenseits der speziellen religiösen Grundlegung mit modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen vereinbar ist.
Im Folgenden werden einige Aspekte aus der Bindungstheorie betrachtet. John Bowlby entwickelte sie zur gleichen Zeit, in der auch Kentenich wirkte. Wie dieser erlebte auch er durch eine frühe Internatsunterbringung die schmerzliche Trennung von seinen Eltern. Zeitgeschichtlich betraf und verunsicherte das Thema Trennung und Vaterlosigkeit nach den beiden Weltkriegen viele Menschen und wurde von Kentenich und Bowlby von ihren jeweiligen Zugängen her verarbeitet. In die Bindungstheorie flossen Erkenntnisse aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen ein. Aus der Ethologie ist die Entdeckung der Prägung und der angeborenen Verhaltensmuster durch Konrad Lorenz zu nennen. Auch aus der Entwicklungspsychologie und der klinische Psychologie flossen Erkenntnisse ein. Schließlich ist noch die Psychoanalyse zu nennen, die sich mit den Überformungsprozessen im Laufe der Sozialisation beschäftigt und die Psychotherapie (vgl. Frischenschlager 2004:19).
Die Phasenentwicklung der kindlichen Bindung, die Kenntnis der Bindungstypen und die Bedeutung der Feinfühligkeit der Bezugsperson für die Entwicklung einer sicheren Bindung setze ich als bekannt voraus.
Nach Freuds psychoanalytischer Theorie sind im menschlichen Leben von Anfang an Triebe wie Hunger und Durst, Eros und Destruktionstrieb handlungsleitend. Sie werden im Sozialisationsprozessdomestiziert.DievonFreudIchundÜber-Ichgenannten Instanzen formieren sich zusätzlich neben dem frühen Es. In dieser Denkweise werden Bindungen oftmals einseitig in ihrem Zweckaspekt gesehen, der Mensch bleibt dabei jedoch gleichsam ein Einzelkämpfer.
Bowlby, von seinem Ausbildungsgang her selbst Psychoanalytiker, erkannte, dass das Bindungssystem von Geburt an ein eigenes Motivationssystem darstellt, das relativ unabhängig von sexuellen und aggressiven Trieben ist. Der Säugling möchte körperliche Nähe herstellen und dadurch emotionale Sicherheit erfahren. Das Bindungssystem ist einerseits ein evolutionäres Sicherungssystem, welches das Überleben der Art gewährleistet, aber es ist andererseits auch ein soziales Motivationssystem, in welchem der gelungene Kontakt lustvoll und freudig erlebt wird. So ist zum Beispiel schon beim Neugeborenen das Phänomen der neonatalen Imitation zu beobachten. Das wache, neugeborene Kind kann verschiedene Gesichtsausdrücke der Mutter nachahmen. Hierbei handelt es sich nicht um einen Reflex, sondern um die Aufforderung, dass sich die Mutter weiter mit ihm beschäftigen möge. Das Bedürfnis nach Bindung und Beziehung beginnt in frühester Kindheit und bleibt über das ganze Leben bestehen. Dieses Forschungsergebnis findet eine Entsprechung und theologische Übersetzung in Kentenichs Modell von einem gottgewollten Bindungsorganismus und von der Ausstattung des Menschen als soziales, zutiefst auf andere angewiesenes und verwiesenes Geschöpf.
Frühe Bindungserfahrungen sind nach den Erkenntnissen der Bindungsforschung für das ganze Leben bedeutsam, selbst wenn sie durch spätere Erfahrungen modifiziert werden können. Auch Kentenich betonte immer wieder, wie notwendig positive Vorerfahrungen im natürlichen Bindungsorganismus für die Entwicklung einer tragfähigen Gottesbeziehung, aber auch tragfähiger Beziehungen zu anderen seien. In diesem Zusammenhang wies er auf die Möglichkeit und Notwendigkeit von Nachreifungsprozessen bei fehlender oder negativer Vorerfahrung hin. „Es wird der Vater- und Muttergedanke – Gott ist mein Vater, die Gottesmutter meine Mutter- normalerweise nicht mein ganzes Innerstes ergreifen, wenn nicht ein naturhaftes, unterbewusstes, tiefes Vater- und Muttererlebnis vorausgegangen ist. Das reicht nicht, wenn bloß die Oberschicht der Seele vom Vater- und Muttergedanken erfüllt ist, die Unterschicht aber nicht. Wenn in einem solchen Fall das Nacherlebnis, Gegensatzerlebnis, Ergänzungserlebnis nicht erfolgen konnte, wird normalerweise der Vater- und Muttergedanke auf Schwierigkeiten stoßen“ (Kentenich in King 2002: 296).
Das Zustandekommen der frühen Bindungserfahrungen, im Kentenichschen Sinne der Vorerfahrungen, wird in der Bindungsforschung folgendermaßen beschrieben:
Im Gedächtnis des Säuglings werden Interaktionssequenzen zwischen ihm und der Bezugsperson gespeichert. Neu hinzukommende Erfahrungen werden mit den gespeicherten laufend verglichen. Diese Daten hinterlassen Gedächtnisspuren im Gehirn. Im Laufe der Zeit entstehen zwischen Säugling und Bezugsperson Erwartbarkeiten, also Muster wahrscheinlicher Interaktionen. Wenn diese Wahrscheinlichkeiten sich bestätigen, kommt es kindlicherseits zu Erwartungen, die, wenn sie sich wiederum bestätigen, verinnerlicht werden in Form von mentalen Repräsentanzen, so genannten inneren Arbeitsmodellen. Diese steuern Erleben und Handeln. Erfahrungen von Interaktionen werden in Form von Szenen gespeichert. Darin sind neben der eigentlichen Handlung auch die Interaktionserfahrung, die Selbstwahrnehmung und der zugehörige Affekt gespeichert (vgl. Frischenschlager 2004:20).
Daraus lässt sich ableiten, dass die Selbstwahrnehmung des Kindes in hohem Maße von seinen Interaktionserfahrungen abhängt. Da das Selbstwertempfinden an die Selbstwahrnehmung gekoppelt ist, ist die Entwicklung des Selbstwertgefühls und des Selbstbildes immer auch das Ergebnis früher Interaktionserfahrungen. Waren frühe Bindungserfahrungen für ein Individuum eher negativ, kann z.B. durch Erzieher oder durch eine erfüllend erlebte Partnerschaft eine neue, für das Individuum befriedigendere Erfahrung gemacht werden und ursprüngliche Deutungs- und Verhaltensmuster bereichert werden. Allerdings zeigt es sich, dass ein Mensch, je stärker er unter Stress gerät, umso stärker zurückgreift auf frühe Muster. Je größer der Stress ist, desto weniger kann er wählen, wie er sich verhält. Daher ist die Gefahr groß, bei hochaktiviertem Bindungssystem in sehr alte Muster zurückzufallen. Gerade weil Bindungserfahrungen, Selbstwert und Selbstbild so eng miteinander verbunden sind, stellen Bindungskrisen im Leben für manche Menschen existentielle Bedrohungen dar.
Diese Überlegungen sind hochrelevant für die Erziehung, die soziale Arbeit, die Seelsorge und die Psychotherapie. Aus ihnen ergibt sich die Bedeutung der sicheren Bindung als der sicheren Basis , zu der das Kind jederzeit zurückkehren kann, wenn das Bindungssystem aktiviert ist. Der Terminus der sicheren Basis steht in einer inhaltlichen Nähe zu Kentenichs ganzheitlichem identitätsstiftenden Bindungsorganismus. Auch dieser stellt eine sichere Basis für das Individuum dar, ist aber umfassender, da er sich nicht allein auf einzelne, menschlich- personale Bindungen bezieht. Dadurch wird die menschlich- personale Ebene ergänzt und entlastet.
Dem Bindungssystem steht das Explorationssystem polar und komplementär gegenüber. Es bewirkt Neugier, Entdeckerfreude, und Forschergeist im Menschen. Kinder mit unsicheren Bindungsmodellen haben in dem von Ainsworth entwickelten so genannten Fremde Situation- Test höhere und langsamer rückläufige Stressparameter im Blut als ihre sicher gebundenen Altersgenossen.
Die verlässliche Bindungsperson als sichere Basis hilft durch ihr feinfühliges Verhalten dem Kind, seine Affekte und seine Erregung infolge des aktivierten Bindungssystems zu regulieren. In der Säuglings- und Kleinkindzeit ist dies besonders wichtig, weil das kleine Kind sich noch nicht selbst regulieren kann. Fehlt die sichere Basis, kann das Kind sich weder auf der Beziehungsebene sicher binden noch einen angemessenen Umgang mit Affekten und innerseelischen Prozessen finden. Folgende Beispiele mögen dies verdeutlichen:
Kinder, die im Fremde Situation- Test unsicher vermeidend reagieren, reduzieren ihre Affektäußerungen bei gleichzeitig erhöhtem körperlichem Stress. Findet keine Veränderung zu einer sicheren Bindung hin statt, kann es im Jugend- und Erwachsenenalter zu einer Reduzierung der emotionalen Erlebnisfähigkeit mit Affektabwehr, Rationalisierungen und Externalisieren von Gefühlen kommen. Die Auseinandersetzung mit eigenen Gefühlen und denen anderer Menschen wird vermieden.
Unsicher-ambivalent gebundene Kinder hingegen haben erfahren, dass ihre Bindungsperson in ihrem Verhalten unberechenbar ist. Ihr Bindungsystem ist dauerhaft aktiviert, weil sie den Moment, indem die Bezugsperson für ihre Bindungswünsche offen ist, nicht verpassen möchten. Daher können sie sich nur unkonzentriert der Exploration widmen. Da sie nicht lernen konnten, ihre Affekte zu regulieren, bleiben sie ohne Hilfe von Dritten oftmals für sich selbst unberechenbar. Verstrickungen in die eigene Gefühlswelt und Überschwemmt-werden von Affekten kann die Folge sein (vgl. Hartwig, Ettrich& Ettrich 2004: 66).
Aus diesen Beispielen wird deutlich, wie wichtig es für den Erzieher, den Sozialpädagogen und den Seelsorger ist, die Bindungsthematik immer im Auge zu behalten und in Bezug auf unverständliches oder situationsunangemessenes Verhalten des Klienten zu überlegen, ob es auf eine unbewusste Virulenz der Bindungsfrage zurückzuführen sein könnte. Viele für sich genommen unverständliche Reaktionen des Klienten werden im Kontext der bindungsrelevanten Vorerfahrungen sinnvoll. Folgendes Beispiel soll dies erläutern: wenn sich ein Klient mit unsicher- vermeidender Bindungsstruktur vom Begleiter missverstanden fühlt, neigt er dazu, seine Gefühle wie Trauer über das Nicht- verstanden werden oder Ärger über den Begleiter abzuspalten. Vielleicht bemerkt er nur ein Unbehagen, das er dann externalisiert und auf den Begleiter überträgt. In der Folge zieht er sich zurück, anstelle eine Klärung mit dem Begleiter anzustreben. Wegen seiner äußerlich unverändert scheinenden Haltung hat der Begleiter vielleicht noch nicht einmal bemerkt, dass der Klient sich unverstanden fühlte und kann sich dessen nachfolgenden Rückzug nicht erklären. Der Bindungstyp von Klient und Begleiter und ihr unbewusstes Zusammenspiel bilden den Hintergrund, auf dem die Begleitung stattfindet, auch wenn die Bindungsfrage selbst nicht thematisiert wird
In Anlehnung an die von Bowlby 1995 für die Therapie benannten Konsequenzen (vgl. Hartwig, Ettrich& Ettrich 2004: 67) kann sich daraus für den Prozess der Begleitung von Menschen folgendes ergeben, allerdin gs nur dann, wenn der Begleiter über die entsprechende Fachkompetenz verfügt und der Klient das Thema anbietet:
Für ein sinnvolles Zusammenspiel zwischen Klient und Begleiter ist es meines Erachtens notwendig, dass Letzterer seine eigenen inneren Arbeitsmodelle kennt und sie in der Begleitsituation auch im Blick hat. Zwar verfügt er durch seine Ausbildung über mehr Wissen und mehr Erfahrung in der Introspektion, aber wenn er selbst über ein nicht hinreichend sicheres Bindungsmodell verfügt ist seine Fähigkeit zum Erkennen von Gegenübertragungen eingeschränkt und die Gefahr der Verwicklungen mit dem Klienten hoch.
Auch für den Erzieher kleinerer und größerer Kinder und für den Sozialpädagogen in der Arbeit mit seelisch auffälligen Klienten ist es sehr hilfreich, den eigenen Bindungshintergrund zu kennen, da dieser die Beziehung zum Kind oder zum Klienten mit dessen Bindungshintergrund gleichsam einfärbt, ihr eine spezifische Tönung verleiht. Möglicherweise können manche Unverträglichkeiten in der Beziehung darin ihre Erklärung finden, dass der Erzieher oder Sozialpädagoge aufgrund seines eigenen Bindungshintergrundes unzutreffende Zuschreibungen vornimmt.
Nachdem die grundlegende pädagogische Denk- und Handlungsweise von Kentenich beschrieben und ein Einblick in den derzeitigen Stand der Bindungsforschung genommen wurde, stellt sich nun die Frage, welche Aspekte die sozialpädagogische Arbeit bereichern und fördern, vielleicht verändern können. Ausgehend von meinem Arbeitsfeld möchte ich folgende mir geeignet erscheinende Punkte benennen:
zu 1.
Zwar ist die soziale Arbeit auf dem Hintergrund einer abendländisch– christlichen W ertorientierung entstanden, die jedoch im Zuge der genannten tief greifenden gesellschaftlichen Wandlungsprozesse ihre Verbindlichkeit weitgehend eingebüßt hat. Soziale Arbeit kann aus den verschiedensten Motiven heraus geleistet werden, die christliche Motivierung ist zunehmend eine unter mehreren. Zum Beispiel beziehen sich manche Träger der sozialen Arbeit auf ein humanistisches Menschenbild, in anthroposophischen Einrichtungen spielt die Frage der karmischen Belastungen, das heißt die Frage nach dem seelische Ertrag vergangener Leben eine Schlüsselrolle mit zum Teil weit reichenden praktischen Konsequenzen im Umgang mit behinderten Menschen.
In vielen Einrichtungen arbeiten Sozialberufler mit unterschiedlichen Weltanschauungen und Menschenbildern zusammen. Das eventuell vorhandene Leitbild kann dann in der Praxis sehr im Hintergrund stehen. Neben den Vorteilen der Vielfalt wie gegenseitiger Ergänzung, Bereicherung und dem Einüben von Toleranz kann die Vielfältigkeit auch als Vieldeutigkeit für Verwirrung sorgen. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Frage nach dem Sinn und der Zulässigkeit multireligiöser Feiern in Kindergärten, wie sie vor dem Weihnachtsfest 2006 diskutiert wurde.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: soziale Arbeit hat oftmals gleichsam eine Feuerwehrfunktion. Auf eine akut sich zeigende Notlage muss rasch und zielsicher reagiert werden. In meinem in Kap.5 1 beschriebenen Arbeitsfeld sind täglich oft mehrere Kriseninterventionen erforderlich. Die seelische Daueranspannung kann für die Mitarbeiter sehr anstrengend werden, besonders wenn die Zeitabstände zwischen den Interventionen keine Erholung, kein inneres sich- Zurücknehmen zulassen. Die Gefahr ist groß, dass der Sozialpädagoge immer weniger aus einer inneren Haltung heraus agiert, sondern umso häufiger nur situationsbezogen reagiert. Ein solches Arbeiten ist auf Dauer unschöpferisch und unbefriedigend, die Gefahr des Burnout- Syndroms hoch. Auch die Klienten leiden unter dieser Situation, denn sie möchten langfristig nicht nur konkrete Alltagsprobleme bewältigen, sondern zu mehr Lebensfreude und persönlicher Erfüllung finden.
Nach meinem Dafürhalten ist eine eindeutige Werteorientierung unverzichtbare Grundlage sozialer Arbeit. Die Bindung an Ideale im Sinne Kentenichs stellt eine sichere Grundlage dar, die den Sozialpädagogen davor schützt, sich mehr und mehr reaktiv zu verhalten. Aus Idealen heraus handeln bedeutet, aus ihnen Kriterien für eine pädagogische Haltung und das konkrete Handeln zu entwickeln und dieses wiederum an den Idealen zu reflektieren. Für Klienten ist der idealgebundene Begleiter oft besser in Bezug auf seine möglichen Reaktionen einzuschätzen und zuverlässiger als der nicht idealgebundene. In meinem Arbeitsfeld erlebe ich immer wieder, dass bei sehr persönlichen, diffizilen oder schambesetzten Problemen Ordensschwestern eher gefragt werden als freie Mitarbeiter. Auch wenn den jungen Frauen die Lebensweise der Schwestern fremd sein mag, vermittelt ihnen die Tatsache, dass es Menschen gibt, die an Werte glauben und sich diesen auch verpflichten, Trost und Hoffnung. In der Begleitung, wie Kentenich sie verstand, ist die Vermittlung konkreter Werte nachrangig gegenüber der Haltung der vorbehaltlosen Annahme des anderen. Wichtig ist es, die grundsätzliche Werteempfänglichkeit zu fördern und das zu praktizieren, was man als Sozialpädagoge ideell vertritt, mit anderen Worten: überzeugend ist die Übereinstimmung von gesprochenem Wort und dem dahinter liegendem Wert. Die konkrete Wertentscheidung ist jedoch Aufgabe des Klienten.
Zu 2.
Konkrete Wertenscheidungen werden nach Kentenich mit Hilfe des P.I. getroffen. Zur Entwicklung einer beruflichen Identität als christlicher Sozialpädagoge stellt das P.I meines Erachtens eine große Hilfe dar. Ansatzpunkt kann die Frage nach der eigenen tiefsten Lebenssehnsucht sein. Verschiedene Antworten können gesammelt werden und über längere Zeit immer wieder bedacht werden, bis sich allmählich, organisch das zeigt, was Bestand haben kann für ein Leben oder was nachgeordnet ist. Als weiterer Zugang empfiehlt sich das Betrachten biblischer Texte, besonders des neuen Testamentes und persönliche Lieblingstexte auszuwählen. Eine solche Auswahl bietet wertvolle Hinweise auf das P.I. Es zu finden und zu formulieren ist ein schöpferischer Prozess, der viel Freude machen kann. Der Umgang mit dem P.I. und seinen Zentralwerten kann den Einzelnen zu einer klaren Lebenshaltung reifen lassen, die auch seine berufliche Haltung prägt und durchstrahlt. Dies führt auch zu einer gewissen Abgeklärtheit gegenüber den Richtungsstreitigkeiten in der Theoriediskussion der Sozialpädagogik. Der Schwerpunkt, die innere Verankerung, oder Beheimatung, wie Kentenich sagen würde, liegt dann in der Haltung als Christ, Sozialpädagogik ist das Handwerkszeug, mit dem die christliche Grundhaltung jeweils umgesetzt wird.
Ohne das P.I. thematisieren zu müssen, ist auch für die Klienten ist die Frage nach der Lebenssehnsucht eine wichtige Ressource. Die Frage nach dem Woher, der persönlichen und familiären Lebensgeschichte wird ohnehin gestellt, dies erfordert die sozialpädagogische Diagnose. Mitunter kommt die Frage nach dem Wohin, nach den Zielwerten eines Lebens darüber zu kurz. Aber gerade dann, wenn die Klienten einen persönlichen Lebenssinn erspüren können, wächst in ihnen die Kraft, Widrigkeiten zu überwinden. In der Arbeit mit jungen Schwangeren und Müttern liegt die Frage nach dem Lebenssinn sehr nahe. Durch das Zusammentreffen von eigener Pubertät und Schwangerschaft befinden sich die meisten von ihnen in einer tiefen Identitätskrise. Viele reagieren sich ab oder brechen aus in gefährliche Verhaltensweisen, z.B. in Form von starkem Rauchen, Alkoholkonsum oder Sex mit wenig bekannten Partnern. Wenn es gelingt, den Blick immer wieder auf das zu richten, was die jungen Frauen im Tiefsten wünschen – meist beinhaltet dies Geborgenheit, persönliche Wertschätzung, Liebe, Treue – kann es auch gelingen, das Verantwortungsbewusstsein für sich und das Kind zu stärken und Ansätze für eine beginnende Selbsterziehung zu finden. Dies zeigt sich dann in der Bereitschaft, um des Kindes willen eigene Bedürfnisse aufzuschieben oder ungesunde Gewohnheiten einzuschränken.
Auch wenn die Frauen wenig Bezug zu den Kirchen haben, ist ihre Sehnsucht oft ausgesprochen religiös geprägt, im Sinne einer Sehnsucht nach umfassendem Heil und heil sein. So ist es für einige von ihnen wichtig, ihre Kinder taufen zu lassen, weil sie den in der Taufe liegenden Segen erspüren und ihr Kind Gott anvertrauen möchten.
Zu 3:
Auch Kentenichs Bindungsverständnis halte ich für hilfreich für Menschen in sozialen Berufen und deren Klienten. Für die seelisch oft belastende Berufsarbeit ist die Einbindung in einen tragenden und identitätsstiftenden Bindungsorganismus ein wichtiger Ausgleich. Die Frage, wie es um die eigenen Bindungen bestellt ist, ist im Sinne der Psychohygiene notwendig. Nach meiner Beobachtung neigen Sozialberufler oftmals dazu, sich aufgrund ihrer Interessenlage einseitig an personalen Bindungen zu orientierten. Die Stärkung besonders der ideellen Gebundenheit kann personale Bindungen entlasten und hilfreich ergänzen.
Die Bindung an Gott ermöglicht es, im Gebet die Klienten Gott anzuvertrauen. Es entlastet die Beziehung zum Klienten, wenn Gott als der unsichtbare Dritte anwesend ist und Schwierigkeiten mitträgt. Wenn der Sozialpädagoge sich als freie Zweitursache, Gott als erste Ursache subsidiär vertretend, ernst nimmt, lässt der Druck nach, erfolgreich sein zu müssen, was immer das im Einzelfall heißen mag. Misserfolge in der Arbeit können gelassener genommen werden, Erfolge werden nicht überbewertet. Durch den Prozess der Weiterleitung und das Selbstverständnis als freie Zweitursache wird die professionelle Distanz erleichtert. Gleichzeitig wird durch die Weiterleitung der Bindungsprozess besser handhabbar. Dies ist besonders wichtig bei schwer erträglichen infantilen Bindungsformen.
Der Christ, der im sozialen Bereich arbeitet, ist ein Dienender in doppelter Hinsicht: Gott ist gleichsam der oberste Dienstherr, ihm gegenüber verantwortet der Christ sein Tun. Darüber hinaus dient er dem Klienten. Dieser ist aber, im Lichte des Glaubens gesehen, jenseits seiner individuellen Problemlage, ein personales Liebes- und Lernangebot Gottes an den Sozialpädagogen. Auch der Klient ist, ohne es zu wissen, eine Zweitursache, durch die Gott inneres Wachstum und Erfüllung beim Sozialpädagogen wirken will. Gerade bei den ganz schwierigen Fällen ist es hilfreich, sich zu fragen, welche verschlüsselte Botschaft Gottes in ihm entdeckt werden will.
Die Klienten meines Arbeitsfeldes, jugendliche Schwangere und Mütter, sehnen sich tief danach, einmal ein geliebtes Kind zu sein, einmal innerlich ankommen zu dürfen bei einem Vater oder einer Mutter. Gott als Vater oder Maria als mütterliche Vertreterin Gottes bei den Menschen ist eine mögliche Antwort auf dieses Sehnen. Allerdings sehe ich die Aufgabe des christlichen Sozialpädagogen nicht darin, verbal Glaubensüberzeugungen zu vermitteln, denn dadurch würden Menschen in einer existentiellen Notlage zusätzlich belastet und überfordert, schlimmstenfalls auch manipuliert. Auch sind die Vater- und Muttererfahrungen der Klientinnen oftmals so niederschmetternd, dass es nicht sinnvoll ist, an ihnen anzuknüpfen. Vielmehr sehe ich die Herausforderung darin, als lebendiges Beziehungsangebot Gottes, gleichsam als personales Sakrament anwesend zu sein und die Wirkung einer derartigen Präsenz Gott anheim zu stellen. Wenn das personale Beziehungsangebot überzeugt, ergeben sich weiterführende Fragen und Gespräche von selbst. Die Verantwortung des Sozialpädagogen sehe ich in diesem Zusammenhang primär darin, sich selbst so zu erziehen, dass er als personales Angebot Gottes überzeugt. Dies beinhaltet neben allem anderen, was zum Thema Selbsterziehung bereits gesagt wurde, zum einen die Ehrfurcht vor dem anderen und vor seiner persönlichen Freiheit, zum anderen die Güte, die befähigt, über manche persönliche Kränkung hinwegzusehen. Die Verantwortung in Bezug auf den Klienten sehe ich darin, Bedingungen zu schaffen, dass dieser seine kleinen Entscheidungsschritte selbständig und selbsttätig, so frei wie möglich, gehen kann. Weiter bedeutet es, verantwortlich abzuwägen, wann eine Negativerfahrung für den Klienten im Sinne eines Lernprozesses zumutbar ist und wann der Klient geschützt, gegebenenfalls von einer Handlung zurückgehalten werden muss.
Zu 4.
Das sichtbare Verhalten als Konsequenz aus dem pädagogischen und seelsorgerlichen Ansatz Kentenichs ist in mancherlei Hinsicht vergleichbar mit dem von Carl Rogers entwickelten Vorgehen. Die so genannten Variablen: Wertschätzung und Empathie finden sich in den Ausdrücken: Ehrfurcht und einfühlendes Verstehen. Für die Variable „Echtheit“ finden sich bei Kentenich Umschreibungen wie „aus dem Kern seiner Persönlichkeit heraus“ (Awi Mello 2003: 141) handeln. Unterschiedlich ist das Menschenbild, aus dem sie erwachsen: bei Rogers findet sich ein humanistisches Menschenbild, bei Kentenich ein christliches (s. Kap. 3.4). Auch die in der Psychoanalyse als Abstinenz bezeichnete Haltung findet sich bei Kentenich als Haltung der Unberührtheit wieder. Auch hier unterscheidet sich der ideelle Hintergrund. Während es in der Psychoanalyse primär um den Schutz von Analytiker und Klient besonders bei intensiven Übertragungsprozessen im psychoanalytischen Sinne geht, steht die Unberührtheit bei Kentenich primär im Dienste der Weiterleitung, aus der sich dann die Notwendigkeit des Schutzes beider Seiten ergibt. Mit anderen Worten gesagt, schützt die Abstinenz des Analytikers ihn und den Klienten davor, sich verhängnisvoll miteinander zu verstricken. Bei Kentenich ist die Unberührtheit ein positives Zeichen, dass beide Seiten eigentlich Gott gehören und eine engere Beziehung nur dann eingehen dürfen, wenn dies ausdrücklich dem Willen Gottes entspricht. Bezogen auf die Wohnsituation in einer stationären Einrichtung, in der wir Schwestern unter einem Dach mit den Klientinnen wohnen, ist ein hohen Maß an Selbstdisziplin, Takt und die Fähigkeit zur Abgrenzung in einem nicht verletzenden Sinne nötig. Die Anregungen Kentenichs zur Selbsterziehung empfinde ich als sehr hilfreich. Mit den sich ergänzenden Haltungen von Ehrfurcht und Liebe kann in konkreten Situationen das Verhältnis von Nähe und Distanz reguliert werden.
Insgesamt kann es nicht darum gehen, aus Kentenichs Darlegungen zur Pädagogik und Seelsorge konkrete Handlungsrezepte abzuleiten. Vielmehr geht darum, Haltungen einzuüben, die dann das konkrete Handeln leiten und umgekehrt das konkrete Handeln auf die dahinter liegende Haltung hin zu befragen.
Viele von Kentenich bedachte und beschriebene Aspekte des Erziehungsgeschehens und der Seelsorge sind nicht genuin neu und finden sich auch bei anderen Autoren. So findet sich z.B. eine gleichermaßen hohe Wertschätzung der Selbsttätigkeit bei Maria Montessori.
Als neu empfinde ich die Verbindung von einem in sich schlüssigen, umfassenden Weltbild, das ganz in der christlichen Tradition wurzelt, gleichzeitig die natürliche Ordnung hochschätzt und über eine Vielfalt von Zugängen zur Gestaltung der Welt, der Beziehungen und Bindungen und der Selbsterziehung verfügt. Durch die Betonung der inneren Freiheit und der Selbstverantwortung kommt Kentenich der Ausrichtung und den Bedürfnissen des modernen Menschen sehr entgegen