Gnadenkapital, Beiträge zum

Gnadenkapital, Beiträge zum

Lothar Penners

1. Verständnis und Praxis in der Spiritualität
1.1. „Beiträge“ und Bündnisspiritualität
1.2. Bündelung verschiedener Glaubenswahrheiten
2. Theologische Zusammenhänge
3. Maria – unmittelbarer Adressat der „Beiträge“

1. Verständnis und Praxis in der Spiritualität

1.1. „Beiträge“ und Bündnisspiritualität

„Beiträge zum Gnadenkapital“ sind in der Geistigkeit Schönstatts ein fester Bestandteil seiner Bündnisspiritualität. In ihm stellt der menschliche Partner der Gottesmutter Maria den „verdienstlichen, fürbittenden und sühnenden“ Wert seiner Bemühungen in Gebetsleben, Aszese und Apostolat zur Verfügung mit der Bitte, Schönstatt immer wieder neu zum Ort ihrer Wirksamkeit zu machen, gemäß dem Wort der >>Gründungsurkunde: „Bringt mir fleißig Beiträge zum Gnadenkapital. Dann werde ich mich gerne unter Euch niederlassen und reichlich Gaben und Gnaden austeilen; dann will ich künftig von hier aus die jugendlichen Herzen an mich ziehen und sie erziehen zu brauchbaren Werkzeugen in meiner Hand.“

1.2. Bündelung verschiedener Glaubenswahrheiten

In der Praxis der „Beiträge“ bündeln sich eine Reihe Grundüberzeugungen christlichen Glaubens: J. Kentenich weist speziell hin auf die Lehre von Bedeutung und Notwendigkeit der Gnade und der eigenen erleuchteten und tatkräftigen Mitwirkung; auf die Lehre von der Verdienstlichkeit der guten Werke; auf die Lehre von der Gemeinschaft der Heiligen und der Verschenkbarkeit und Wirksamkeit der guten Werke auf Grund von Gotteskindschaft und Christusgliedschaft.

„Der Religionspsychologe und -pädagoge weiß, dass alle diese Gedanken- und Wertkomplexe nicht auf einmal wirksam gemacht werden können. Er achtet sorgfältig auf die jeweilige Wertempfänglichkeit und sucht in den Formulierungen jeweils das moderne Lebensgefühl aufzufangen…So kommt es, dass die Beiträge zum Gnadenkapital bald den einen, bald den anderen Gesichtspunkt stärker hervorheben, immer aber als ein hervorragender Zentralgedanke in der Bewegung wirksam sind.“ (TxtSchö, 48).

2. Theologische Zusammenhänge

Die konkrete Glaubenspraxis der „Beiträge zum Gnadenkapital“ in der Schönstattfamilie lässt fragen nach der theologischen Begründung im Glauben der Gesamtkirche. In diesem Sinne kann gesagt werden, dass bereits Paulus von der Überzeugung getragen ist, dass er durch die Widerfahrnise seines Apostelschicksals beitragen darf zur Abrundung der Erlösungsgnade Christi:“ Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was den Leiden Christi noch fehlt“ (Kol 1,24). Im Credo bekennt die Kirche seit früher Zeit die Glaubensüberzeugung von der Gemeinschaft der Heiligen: dass die Christen füreinander eintreten können in fürbittendem Gebet und stellvertretendem Tun, weil Gott sie gerade auch durch die Liebe zueinander heiligen und retten will. Auf diese Weise will die Liebe Christi in der Liebe seiner Glieder zueinander ihre Abrundung finden. Diese Lehre von der gnadenhaften Verbundenheit der Christen als Glieder des einen Leibes Christi hat sich in der Geschichte der Kirche, ihrer Glaubenserfahrung und Lehre, immer weiter vertieft, so dass z.B. Pius XII. in seiner Enzyklika „Mystici Corporis“ äußert, es ist “ ein wahrhaft Schauder erregendes Mysterium, das man niemals genug betrachten kann: dass nämlich das Heil vieler abhängig ist von den Gebeten und freiwilligen Bußübungen der Glieder des geheimnisvollen Leibes Jesu Christi, die sie zu diesem Zweck auf sich nehmen, und von der Mitwirkung, die die Hirten und Gläubigen, besonders die Familienväter und -mütter unserem göttlichen Erlöser zu leisten haben“ (Art.43).

Die Befähigung dazu kommt ganz und gar aus der Verbundenheit mit Jesus Christus: „Christus selbst lässt unaufhörlich in die Gerechtfertigten seine Kraft einströmen, als Haupt in die Glieder und als Weinstock in die Rebzweige. Diese Kraft geht stets ihren Werken voraus, begleitet sie und folgt ihnen nach, und ohne sie könnten sie in keiner Weise Gott genehm und verdienstlich sein“ (Trienter Konzil, Sessio VI, Kap. 16).

Dieses Verschenken von guten Werken aus Liebe, das Gott niemals verpflichtet, von dem er sich aber gern in dem Maße abhängig macht, als es „in Christus“ geschieht, wird in der Theologie der Gegenwart besonders im Leitgedanken der Stellvertretung mitbedacht: „Die Identität der Kirche ist nicht etwas neben ihrer Stellvertretung, sondern das, was Kirche zur Kirche macht, ist ihre Stellvertretung“ (K.H. Menke, Stellvertretung, Einsiedeln 1991, 447). Zur Spiritualität der Stellvertretung in der Spiritualität Schönstatts, vgl. zweiter >>Meilenstein.

Die Gesamtheit der guten Werke für den Liebesaustausch in der Gemeinschaft der Heiligen wurde in der theologisch-spirituellen Tradition der Kirche ausdrücklich als „Schatz“ der Kirche bezeichnet: „In ihm ….wird jeder Akt der Liebe, jedes wahrhaftige Gebet , jede Bewährung im Glauben, freiwillige Buße und angenommenes Leid…aufgenommen, damit es dem Herrn zur freien Verfügung stehe und für andere fruchtbar werde.- Im katholischen Leben ist alles zum Weitergeben bestimmt.“ (A. v. Speyr)

3. Maria – unmittelbarer Adressat der „Beiträge“

Der unmittelbare Adressat dieser Liebesweitergabe ist in der Spiritualität Schönstatts zunächst auf Grund des originellen Bündnisses vom 18. Oktober 1914 Maria, die über die „Beiträge“ frei verfügen darf – nicht ohne Zusammenhang mit ihrer heilsgeschichtlichen Rolle als „Dauergefährtin und Dauergehilfin“ Christi bei seinem Erlösungswerk und ihre universelle geistliche Mutterschaft im Glauben – den Gliedern Christi gegenüber. Dass sie dies ausdrücklich von ihrem Heiligtum in Schönstatt aus tun will, ist nicht herleitbar aus allgemeinen theologischen Grundwahrheiten, sondern nur im Glauben an den originellen Lebensvorgang der „charismatischen“ Entstehung Schönstatts, zu dem die spezielle Wirksamkeit Mariens von ihrer dortigen Wirkstätte von Anfang an dazugehörte (>>“Schönstatt-Geheimnis“).

Die Beiträge zum Gnadenkapital entfalteten sich über die „gelegentliche“, haltungsmäßig nicht weiter festgelegte Mitwirkung der Glieder der Schönstattfamilie weiter in den so genannten „aszetischen Weihen“ (>>Blankovollmacht; >>Inscriptio; >>Josef-Engling-Weihe), welche nicht nur die entsprechende aszetische Höhenlage anzielen, sondern – für die inneren Kreise der Bewegung – auch eine wachsende Identifizierung mit der originellen marianischen Sendung Schönstatts.


Literatur:

  • J. Kentenich, Texte zum Verständnis Schönstatts. Herausgegeben von Günther M. Boll, Vallendar-Schönstatt 1974 47 ff. 59-75
  • J. Kentenich, Worte zur Stunde. Zweite Gründungsurkunde (geschrieben zum 18. Oktober 1939), in: Schönstatt Die Gründungsurkunden, Vallendar-Schönstatt 1967, 29 63, 43. 58-61
  • J. Kentenich, Das Lebensgeheimnis Schönstatts. I. Teil: Geist und Form (Brief an Joseph Schmitz, geschrieben in Santiago/Chile, ab dem 3. Mai 1952), Vallendar-Schönstatt 1971, 242 S.I, 227.
  • Denzinger-Hünermann, Nr. 1025 ff. (Gnadenschatz der Kirche)
  • Pius XII., Enzyklika Mystici Corporis (1943).
  • B. Albrecht, Eine Theologie des Katholischen, Einsiedeln 1973
  • J. Czerny, Das übernatürliche Verdienst für andere, Freiburg/Schweiz 1957
  • K.H. Menke, Stellvertretung, Einsiedeln 1991, 447.

Schönstatt-Lexikon:

Herausgeber: Internationales Josef-Kentenich-Institut für Forschung und Lehre e.V. (IKF)

Verlag: Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt – All rights by Patris-Verlag – www.patris-verlag.de

Online-Präsentation: Josef-Kentenich-Institut e.V. (JKI) – www.j-k-i.de

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