Die Ressourcenperspektive, auf die sich das ZRM stützt, stellt eine Gegenposition dar zur klassischen Problemperspektive der Psychotherapie. Lange Zeit orientierte man sich hier an der Sichtweise der Medizin: psychische Störungen wurden als Krankheit betrachtet, die man so gut wie möglich verstehen wollte, um ihre Ursache zu beseitigen. [368]
Eine solche Perspektive kann jedoch äußerst ungünstig sein, wenn es darum geht, psychische Störungen zu heilen. Ein Patient, dessen Wahrnehmung ausschließlich auf das Problem fixiert ist, läuft Gefahr, von diesem „erdrückt“ zu werden. Er besitzt zwar die Fähigkeit,
seine Schwierigkeiten rational zu analysieren, ihm fehlen aber Kraft und Mittel, um eine Veränderung zu bewirken. [369]
In der Ressourcenperspektive dagegen geht man davon aus, „dass der Mensch die meisten Ressourcen, die er zur Lösung seiner Probleme benötigt, in sich selbst trägt.“ [370] Eine seelische Störung besteht darin, dass er diese nicht zufriedenstellend nutzen kann.
Ein ressourcenorientierter Therapieansatz möchte dem Menschen daher Möglichkeiten aufzeigen, wie er seine Ressourcen besser ausschöpfen kann. Wie befreiend die Ressourcen- gegenüber der Problemperspektive sein kann, verdeutlicht Stierlin mit Blick auf das Unbewusste in der Tiefenpsychologie:
„Dieses lässt sich nun eher als eine ungenutzte persönliche Schatzkammer denn als Tummelplatz unerlaubter, gefährlicher und daher zu verdrängender Triebregungen verstehen.“ [371]
Der Ressourcenbegriff im ZRM wird zunächst auf den neurowissenschaftlichen Grundlagen aufgebaut: „Als Ressource gilt alles, was in der Lage ist, neuronale Netze mit wohladaptivem Wissen zu aktivieren“ [372] – d.h. alles, was den Menschen dazu befähigt in den Situationen seines Lebens so zu denken und zu handeln, dass er psychobiologisches Wohlbefinden erreicht.
Konkret ergibt sich hierfür ein breites Spektrum an Möglichkeiten.
Grawe nennt Beispiele wie persönliche Motive, Einstellungen, Fähigkeiten, Wissen, körperliche Merkmale, Besitz oder soziale Beziehungen. [373]
Im Laufe des Trainings erarbeiten sich die Teilnehmer einen „Pool“ aus verschiedenen Ressourcen, die das ZRM als besonders nützlich erachtet, um das Handeln zu gestalten.
Die Trainingsphasen entsprechen bestimmten Positionen im Laufe des Rubikon-Prozesses, der im Training von links nach rechts durchlaufen wird. Die Vielfalt der Ressourcen trägt der Vielzahl der Vorlieben und Problemstellungen der Klienten Rechnung. Im Laufe des Trainings kristallisieren sich für den Teilnehmer meist ein bis zwei Ressourcentypen heraus, mit denen er am liebsten und leichtesten arbeitet. [374]
Der Ressourcenpool wird zu Beginn des Trainings erläutert und auf einem Plakat visuell dargestellt (vgl. Abbildung 3).
Abbildung 3: Der „Ressourcenpool“ mit den Ressoucen, die im Laufe des Trainings erarbeitet werden. (Bildquelle: Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 284)
Über das gesamte Training hinweg bleibt das Plakat sichtbar und nach jeder Einheit werden die neu hinzugekommenen Ressourcen hinzugefügt. Gleichzeitig führt jeder Teilnehmer seinen persönlichen Ressourcenpool auf einem Arbeitsblatt. Das ZRM legt Wert auf ein transparentes Konzept. Zu jeder Einheit werden die nötigsten theoretischen Grundlagen (s. Abschnitt 6) in einem Kurzreferat dargestellt. Jeder Trainingsschritt soll begründet werden. [375] Damit wird zugleich der Anspruch des ZRM deutlich, die Ergebnisse der Grundlagenforschung auf eine Anwendung im Alltag hin übersetzen zu wollen. [376]
Man kann das psychologischeWissen, das die Teilnehmer hier erwerben, gleichzeitig alsweitere Ressource auffassen, die dem Teilnehmer dabei hilft, nicht nur das Training, sondern auch sein Handeln im Alltag besser zu verstehen. Dies dürfte eine zusätzliche Motivation für die Teilnehmer bieten, die dargebotenen Methoden auch im Alltag umzusetzen.
Aus der Ressourcenperspektive ergeben sich wichtige Forderungen für die Haltung gegenüber dem Einzelteilnehmer und das Klima in der Gruppe. Grawe stellt fest:
„Dass sich der Patient für seine Veränderung selbst verantwortlich fühlt, ist nach einer Vielzahl empirischer Befunde eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Therapieergebnis.“ [377]
Im ZRM soll daher jeder Teilnehmer seine Entwicklungsperspektive selbst erarbeiten (Konstruktivismus).
Der Trainer ist nicht Mittelpunkt des Trainings, er soll dem Teilnehmer bei diesem „Geburtsprozess“ nur zur Seite stehen. Diese Haltung wird auch sehr prägnant mit „Hebammen-Prinzip“ bezeichnet. [378] Teilnehmer und Kursleitung sind dazu angehalten, auf Wertungen, Urteile und Ratschläge gegenüber anderen zu verzichten. Die wertschätzende Haltung gegenüber der individuellen Eigenart jedes Einzelnen erfordert auch den Schutz der Intimsphäre. [379] In den Arbeitsformen herrscht eine klare Trennung zwischen Gruppenöffentlichkeit und privatem Raum. Die Kursleitung soll schüchterne Teilnehmer darin bestärken, wenn sie etwas nicht mit der Gruppe teilen möchten. Gleichwohl wird die Gemeinschaft der Teilnehmer als wertvolle soziale Ressource betrachtet, die während des Trainings gestärkt werden soll. Es wird eine Gruppengröße von maximal zwölf Teilnehmern empfohlen. [380]
Ein häufiges Arbeiten in Kleingruppen sorgt dafür, dass sich die Teilnehmer alle untereinander sehr gut kennenlernen sowie sich gegenseitig in ihrer Entwicklung unterstützen und ermutigen. Die Gruppen werden ständig nach dem Zufallsprinzip neu gebildet, um unerwünschter Cliquenbildung vorzubeugen. [381]
Eine grundlegende Idee des Austauschs in Gruppen ist es, dass die Konstruktion vonWirklichkeit nicht nur ein individueller, sondern auch ein sozialer Prozess ist:
Dadurch, dass die anderen Teilnehmer einem das eigene Selbst zurückspiegeln, erhält man ein umfassenderes und bewährteres Bild von sich selbst. Außerdem bietet die Gruppe einen reichhaltigen Pool an Beispielen: Wenn andere im Austausch über ihre Entwicklungsschritte reden, kann das eine Anregung für den eigenen Prozess sein. Ein weiterer Effekt des Austauschs ist, dass das gegenseitige Eröffnen von Absichten den Grad der Verpflichtung erhöht (Commitment). [382]
Hier muss von Anfang an klargestellt werden, dass über private Dinge, die Teilnehmer einander erzählen, außerhalb der Gruppe absolutes Stillschweigen gilt. Ein erwünschter Nebeneffekt des Trainings ist, dass persönliche Beziehungen zwischen den Teilnehmern wachsen. Bereits während des Trainings soll auf die Möglichkeit hingewiesen werde, dass die Teilnehmer auch danach noch als „Tandem“ oder Gruppe von „Komplizen“ Kontakt halten und sich in ihrem Entwicklungsprozess gegenseitig unterstützen.
Als zeitlicher Umfang für das Training werden mindestens 15 Stunden reine Arbeitszeit angesetzt. Das Training ist in fünf Phasen gestuft, die unterschiedlich umfangreich sind. Sie werden im Folgenden vorgestellt. [383]
Die Trainingseinheiten können im Block (drei Tage zu je fünf Stunden) oder sequenziell (drei Stunden am Nachmittag) durchgeführt werden. Zwischen den einzelnen Treffen kann ein Abstand von bis zu zwei Wochen liegen. Phase 4 und 5 können auch mit einem zeitlichen Abstand von sechs Wochen nach den ersten drei Phasen behandelt werden. [384] Die Zeit zwischen den Trainingsstunden ermöglicht es den Teilnehmern, das Gelernte direkt im Alltag zu erproben und ihre Erfahrungen und Fragen mit in die nächste Einheit zu nehmen. Hier hat es sich auch bewährt, zwei bis sechs Monate nach Trainingsabschluss eine eintägige „Follow-up-Veranstaltung“ durchzuführen, um den Trainingserfolg zu reflektieren. [385]
[368] Vgl. ebd., S. 21.
[369] Vgl. Grawe, Therapie 1998, S. 96.
[370] Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 22.
[371] Stierlin, Ich und die anderen 1994, S. 108.
[372] Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 37.
[373] Vgl. Grawe, Therapie 1998, S. 34.
[374] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 157.
[375] Der Rubikon-Prozess wird im Training meist nicht explizit thematisiert. (Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 112)
[376] Vgl. ebd., S. 17.
[377] Grawe, Therapie 1998, S. 96.
[378] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 212.
[379] Vgl. ebd., S. 213.
[380] Vgl. ebd., S. 210.
[381] Vgl. ebd., S. 213.
[382] Vgl. ebd., S. 214.
[383] Die fünf Phasen entsprechen nicht exakt denen des Rubikon-Prozesses. Zur Unterscheidung werde ich im Folgenden, wenn ich mich auf den Rubikon-Prozess beziehe, von Stufen und nicht mehr von Phasen sprechen.
[384] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 209.
[385] Vgl. ebd., S. 208.
In dieser Phase sollen die TeilnehmerInnen herausfinden und formulieren, was sie gerade am meisten beschäftigt. [386]
Dieses Thema bildet dann den Kristallisationspunkt für die gesamte weitere Arbeit. Die Ressourcenperspektive verlangt hierbei, dass die Teilnehmer nicht von den Problemen ausgehen, die sie aus dem Alltag mitbringen, sondern dass sie nach etwas Positivem suchen, was ihnen die Entwicklungsrichtung aufzeigt. Ausgangspunkt für den Prozess der Selbstregulation ist dabei die Bedürfnislage des Unbewussten.
(Dies entspricht der ersten Stufe im Rubikon-Prozess.) Die bewussten Pläne, die einige Teilnehmer vielleicht schon mitbringen, werden zunächst außer Acht gelassen. Später werden sie in den Prozess miteinbezogen. Ein starker positiver Affekt ist deshalb einem positiven rationalen Vorhaben vorzuziehen, weil von ihm die stärkere motivationale Zugwirkung ausgeht. Am Ende der Phase soll das unbewusste Bedürfnis in einer ersten sprachlichen Rohfassung als Wunsch formuliert werden. [387]
Dies entspricht im Rubikon-Prozess dem Übergang von Stufe 1 zu Stufe 2. Auf neuronaler Ebene verstehen die Autoren diese Arbeitsphase als Bildung eines neuen neuronalen Netzes, das den gewünschten Zustand repräsentiert und das im weiteren Verlauf verstärkt wird. [388]
Bereits beim Einstieg in das Training soll die Trainingsperson viel Sorgfalt darauf verwenden, den Grundstein für eine vertrauensvolle Gruppenatmosphäre und Arbeitshaltung zu legen. [389] Zu Beginn werden die Teilnehmer begrüßt und bekommen einen kurzen Überblick über Konzept, Ablauf und Verhaltensregeln des Trainings. Im Anschluss daran führt die Leitung eine Entspannungsübung durch. Sie soll den Teilnehmern dabei helfen anzukommen, eine positive Stimmung erzeugen und die eigenen Stärken vor Augen führen.
Außerdem richtet sie die Aufmerksamkeit jedes Einzelnen nach innen und bereitet damit den nächsten Arbeitsschritt vor. [390] Um einen Zugang zum eigenen Unbewussten zu bekommen, eignen sich Bilder besser als sprachliche Inhalte. Zu diesem Zweck liegen im Raum eine große Menge [391] verteilt.
Die Motive sollen so gewählt werden, dass sie sich als mögliche Ressource eignen, d.h. sie sollen positive Inhalte darstellen. Zudem sollen sie eine möglichst große Vielfalt an Themen und Bildelementen enthalten:
Länder, Landschaften, Kinder, männliche und weibliche Personen, Tiere, Pflanzen, Bauwerke, Szenen mit Begegnungen, aus dem Sport, aus der Natur, abstrakte Darstellungen, unterschiedliche Darstellungsstile etc. [392] Die Teilnehmer erhalten einen Zeitraum, in welchem sie im Raum herumgehen und die Bilder auf sich wirken lassen. Sie sollen das Bild danach auswählen, welches die stärksten positiven Gefühle in ihnen auslöst, ohne darüber intensiv nachzudenken.
Es ist auch möglich ein Bild direkt im Hinblick auf ein aktuelles Thema als Ressource auszuwählen (themenspezifische Bildwahl). Für das erste Training empfiehlt sich jedoch eine offene Bildwahl ohne Berücksichtigung eines Themas. Jeder, der sein Bild gefunden hat, lässt dieses liegen und tritt an den Rand. [393]
Sobald alle Teilnehmer am Rand stehen, werden sie aufgefordert nun ihr Bild zu holen. Es folgt eine Runde, in der sich die Teilnehmer mit ihrem Bild kurz vorstellen und ihre Bildwahl begründen. [394]
Nun folgt eine Arbeitsphase, in welcher mithilfe der Bilder das Unterbewusste auf aktuell bestimmende Themen ausgekundschaftet wird. [395]
In einem Impulsreferat wird dieses zusammen mit dem System der somatischen Marker erläutert, welches die Teilnehmer bei der Bildauswahl bereits benutzt haben, ohne es zu wissen. Danach schließen sich Arbeitsschritte an, die im Laufe des Trainings noch öfter eine Bedeutung haben werden.
Im Folgenden werden sie erläutert.
Der Ideenkorb Das ZRM vertritt eine soziale Auffassung von Konstruktivismus:
Das Individuum wird zwar als Konstrukteur seiner Wirklichkeit gesehen, jedoch stützt es sich dabei in hohem Maße auch auf Wirklichkeitsdeutungen, die es in seinem sozialen Umfeld in der Interaktion erfährt. Diesem Umstand trägt das ZRM mit der Methode des „Ideenkorbs“ Rechnung. Die Arbeitsform wird in Kleingruppen von drei bis maximal fünf Personen durchgeführt, die, wenn möglich, einen eigenen Raum für ihre Arbeit bekommen.
Für jede Person der Gruppe wird ein Durchgang des Ideenkorbs durchgeführt. Diese Person ist die „Hauptperson“. Daneben wird noch eine Hilfsperson bestimmt, um auf die Zeit zu achten, und eine weitere Person zur Protokollführung. Pro Durchgang haben nun alle Gruppenmitglieder die Gelegenheit nach Art eines Brainstormings (sprachliche) Assoziationen auf das von der Hauptperson eingebrachte Element – in diesem Fall das Bild – zu sammeln.
Dabei kommt es nicht darauf an, eine „objektive“, „richtige“ Deutung zu finden, sondern eine große Fülle an Material für die Hauptperson zu sammeln.
Im Falle des Bildes sollen die Assoziationen „alle möglichen Sinneskanäle ansprechen, sowie Beobachtungen, Farben, Ideen, Fantasien und Gefühle einbeziehen.“ [396]
Weiterhin sollen sie sich eignen, als Ressourcen zu dienen, d.h. um Stärke, Mut und Tatendrang zu wecken. [397] Die Hauptperson nimmt nicht an der Assoziationsrunde teil; sie achtet, ohne etwas zu sagen, auf die Reaktion ihrer somatischen Marker, also darauf, ob die Assoziationen bei ihr einen Annäherungs- oder Vermeidungsimpuls auslösen. Die mit dem Protokoll betraute Person notiert die Assoziationen auf einem Blatt. Die fremden Ideen eröffnen zusätzlich zu den eigenen Ideen neue Aspekte der Bildwahl und bilden eine solide Grundlage zur Weiterarbeit. Zusätzlich ermöglicht das Vorgehen beim Ideenkorb die Erfahrungvon Akzeptanz, Empathie und Unterstützung in der Gruppe, was heilsam und motivierend wirkt. [398]
Die Auswertung des Ideenkorbs mit der Affektbilanz Welche Ideen aus dem Ideenkorb der Teilnehmer übernehmen will, bleibt ihm selbst überlassen (vgl. Hebammen-Prinzip). Die Auswertung geschieht mithilfe der Affektbilanz, einer speziell für das ZRM entwickelten Methode. Sie besteht aus zwei getrennten Skalen, auf der die Intensität der negativen und positiven somatischen Marker mit einem Wert zwischen 0 und 100 dargestellt werden können (vgl. Abbildung 4) . Die Trennung berücksichtigt, dass Belohnungsund Bestrafungszentrum gleichzeitig aktiv sein können und bezüglich einer Sache auch gemischte Gefühle hervorbringen können [399] (siehe Abschnitt 6.3).
Die Skalen besitzen zudem (abgesehen von den Enden) keine Skalenstriche zur Einteilung, weil dies zu einer Bewertung mit dem Verstand führt und somit die Wahrnehmung der somatischen Marker blockiert wird. [400] Als mögliche Ressourcen werden alle Ideen aufgefasst, die eine negative Affektbilanz von null und eine positive Affektbilanz im oberen Drittel (mindestens 70) aufweisen. In Einzelarbeit wählt nun jeder Teilnehmer all diejenigen Ideen aus, auf die das Kriterium zutrifft und schreibt diese in ein Arbeitsblatt. Darunter trägt er noch seine eigenen Ideen mit der erforderlichen Bilanz ein.Auf dem Blatt stehen nun die „Lieblingsideen“ des Teilnehmers, mit denen weitergearbeitet wird.
Durch die Arbeit mit der Affektbilanz werden die Ideen dem Verstand zugänglich gemacht. Nun folgt ein rationaler (!) Reflexionsprozess. Jeder Teilnehmer soll sich klarmachen, warum das Unbewusste so positiv auf die ausgewählten Ideen reagiert und welches aktuelle Thema im eigenen Leben darin zum Ausdruck kommt. [401]
An dieser Stelle können gegebenenfalls auch die Motive und Entwicklungswünsche hinzugenommen werden, die mit ins Training gebracht wurden. Diese können durch die aus dem Unbewussten entwickelten Themen bestätigt oder ergänzt werden oder aber mit diesen in Konflikt treten. Im Falle eines Motivkonflikts ist die Stimme des Unbewussten immer stärker zu berücksichtigen.
[402] Wenn zwei Bedürfnisse bereits auf unbewusster Ebene konfligieren, so müssen sie miteinander in Einklang gebracht werden. Auf Grundlage des Reflexionsprozesses formuliert jeder Teilnehmer einen persönlichen Wunsch. Dieser soll die Formulierungen der Lieblingsideen verwenden. Oft ergeben sich hier metaphorische und poetische Formulierungen, die bereits eine Vorstufe der Motto-Ziele darstellen, welche in Phase 2 behandelt werden. [403]
Anschließend wird die Arbeit wieder ins Plenum geholt. Jeder stellt den anderen Teilnehmern seinenWunsch vor und erhält Bestätigung. Hierzu heißt es:
„Alle Inhalte und Themen sind explizit willkommen zu heißen und in jeglicher sprachlicher Form für gut zu befinden.“ [404]
[386] Auf der Internetseite des ZRM gibt es ein Online-Tool, mit dem sich die ersten beiden Phasen des ZRM in Kurzform selbst durchführen lassen: http://www.zrm.ch/OnlineToolContainer.html (Zugriff am 17.2.2016)
[387] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 136
[388] Vgl. ebd., S. 137.
[389] Vgl. ebd., S. 219.
[390] Vgl. ebd., S. 222.
[391] Die offizielle Bildkartei des ZRM umfasst 64 Bilder. (F. Krause/M. Storch: Ressourcen aktivieren mit dem Unbewussten. Manual und ZRM-Bildkartei. Bern 2010)
[392] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 222.
[393] Damit wird berücksichtigt, dass sich auch mehrere für ein und dasselbe Bild entscheiden können.
[394] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 224.
[395] Vgl. ebd., S. 225.
[396] Ebd., S. 227.
[397] Vgl. ebd., S. 227f.
[398] Vgl. ebd., S. 138.
[399] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 125.
[400] Vgl. ebd., S. 230.
[401] Vgl. ebd., S. 232.
[402] Als Beispiel wird hier ein Unternehmer genannt, der sich bewusst vorgenommen hat, schneller und effektiver zu arbeiten.
Bei der Bildwahl entscheidet er sich jedoch für einen ruhenden Bären. Daraufhin erkennt er, dass für ihn regelmäßige Ruhe und Regeneration mindestens genauso wichtig sind. In diesem Fall hat die Arbeit mit dem Unbewussten einem drohenden Burn-Out vorgebeugt. (Vgl. ebd., S. 134f)
[403]Vgl. ebd., S. 232.
[404] Ebd., S. 233.
In der Reflexion in Phase 1 wurde bereits ein wichtiger Schritt gemacht, um Bewusstes und Unbewusstes miteinander zur Deckung zu bringen. Dieser Vorgang wird in Phase 2 abgeschlossen. In der Logik des Rubikon-Prozesses wird die Position auf Stufe 2 gefestigt,um schließlich den Übertritt über den Rubikon zu initiieren.Wie bereits ausgeführt wurde, braucht man hierfür einen starken positiven Affekt. Um diesen auszulösen, erarbeiten die Teilnehmer als Ressource ein sogenanntes „Motto-Ziel“, eine spezielle Art von Zielformulierung des ZRM. Motto-Ziele werden ausgehend von psychologischen Überlegungen mit drei Merkmalen charakterisiert:
Ein Motto-Ziel ist (1.) ein Haltungsziel, das (2.) im Präsens formuliert ist (3.) unter Verwendung einer bildhaften Sprache. [405]
[405] Vgl. ebd., S. 141.
[406] Als Beispiel für ein Haltungsziel wird genannt: „Ich bin die Ruhe selbst“; die Konkretisierung auf der Handlungsebene wäre „Wenn ich bei der Fahrprüfung nervös werde, dann atme ich dreimal tief durch“. (Ebd., S. 142)
[407] Dieser Begriff geht auf den Psychologen Julius Kuhl zurück. Das emotionale System bezeichnet er als „Extensionsgedächtnis“.
[408]Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 143.
[409] Vgl. ebd., S. 246.
[410] Vgl. ebd., S. 146.
[411] Vgl. ebd., S. 144.
[412] Vgl. ebd.
Nachdem die Teilnehmer in einem Impulsreferat die Merkmale von Motto-Zielen kennengelernt haben und wissen, was sie vermeiden sollten, werden neue Gruppen für den Ideenkorb gebildet. Diesmal erhält jeder Teilnehmer zehn Minuten, in denen er von den Gruppenmitgliedern Vorschläge für sein Motto-Ziel erhält. Als Anstoß legt er das Bild sowie das Arbeitsblatt mit seinen Lieblingsideen gut sichtbar für die Gruppe aus. Im Anschluss folgt wieder eine Einzelarbeit, in der jeder Teilnehmer aus dem Ideenkorb nach den Kriterien der Affektbilanz (s.o.) die besten Assoziationen heraussucht und einen ersten Formulierungsversuch für sein Motto-Ziel macht.
Diese Rohfassung soll in einem weiteren Schritt weiter optimiert werden. Dazu werden weitere drei Kernkriterien vorgestellt, die das Motto-Ziel erfüllen muss, um erfolgreich zu sein.
Kernkriterium 1 Das gewählte Motto-Ziel muss ein Annäherungsziel sein. Das bedeutet, es muss den angestrebten Zustand enthalten und nicht den Zustand, der vermieden werden soll (Vermeidungsziel). Folgendes Beispiel für ein Annäherungsziel wird genannt:
„Ich gehe ruhig und selbstbewusst durchs Leben.“ Als Vermeidungsziel würde es lauten:
„Ich will mich nicht mehr gestresst und unsicher fühlen.“ [413]
Vermeidungsziele versetzen in eine Abwehrhaltung. Auf Dauer bewirken sie negative Gefühle und ein schlechtes Gewissen. Somit ist es auch weniger wahrscheinlich, dass sie den Rubikon passieren können.
[414] Vermeidungsziele sind auch deshalb weniger erfolgreich, weil das Gehirn beim Erfassen eines sprachlichen Inhalts dazu passende Bilder produziert. Eine Negation kann aber nicht dargestellt werden. Stattdessen wird ein Bild des zu vermeidenden Zustands aufgerufen. [415] Der Verstand muss das Bild dann umständlich in gegenteilige Handlungen übersetzen. Dieses System kann gerade dann versagen, wenn die Person in einer Situation von hoher Komplexität unter hohem Druck handelt und nicht mehr die volle Aufmerksamkeit für die Zielverfolgung zur Verfügung steht. [416] Dann kann es dazu kommen, dass wir genau das tun, was wir eigentlich vermeiden wollen. Aus neurophyisiologischer Perspektive kann man dies auch so formulieren, dass mit dem Ziel genau das neuronale Netz aktiviert wird, das wir abbauen wollen. Daher eignen sich Vermeidungsziele nicht zur Ablösung unerwünschter Verhaltensmuster. Das ZRM-Handbuch weist auch darauf hin, dass in scheinbaren Annäherungsziele auch versteckte Vermeidungshaltungen liegen können.
Als Beispiel hierfür wird folgender Satz genannt: „Ich gehe sorgenfrei meinen Weg.“ [417] In diesem Fall wäre das Adjektiv „sorgenfrei“ durch ein positives Synonym zu ersetzen.
Kernkriterium 2 Das Motto-Ziel muss so formuliert sein, dass es zu 100 Prozent unter eigener Kontrolle ist. Die Motivationspsychologie hat herausgefunden, dass ein Mensch sich umso stärker für sein Ziel einsetzt, je größer seine Überzeugung ist, dass er das Ziel auch wirklich aus eigenen Kräften erreichen kann. [418] Daher dürfen für das Motto-Ziel nur diejenigen Zustände oder Ereignisse benannt werden, auf die man einen direkten, ungehinderten Einfluss hat. Nicht steuerbar sind etwa andere Personen oder Gruppen. [419]
Der Versuch, Kontrolle über nicht steuerbare Verhältnisse zu erlangen, zwingt einen zum Reagieren statt zum Agieren. [420]
Bei Versagen erlernt das Individuum eine Überzeugung von der eigenen Hilflosigkeit. [421] Die Gefahr besteht, dass es sich an aussichtslosen Situationen festbeißt und einen Burn-Out erleidet. Eine richtige Formulierung kann dagegen die Überzeugung von Selbstwirksamkeit vermitteln. [422] Man eignet sich eine optimistische Grundhaltung an, was wiederum die positiven Gefühle stärkt und somit auch die Motivation steigert.
Kernkriterium 3 Das Motto-Ziel muss eine Affektbilanz von 0 auf der negativen und mindestens 70 auf der positiven Skala besitzen.
Wie wichtig positive Gefühle zur Motivation von Handlungen sind, wurde bereits mehrfach ausgeführt. Im Allgemeinen gilt, „dass zielrealisierendes Handeln desto einfacher vonstatten geht, je schneller und spontaner ein Mensch positive affektive Einstellungen gegenüber zielrelevanten Stimuli generieren kann.“ [423]
Wenn dieses Kriterium noch nicht erfüllt ist, kann dies daran liegen, dass jemand innerlich schon auf der Handlungsebene ist und sich Sorgen um die Umsetzung des Motto-Ziels macht. [424] Ursache kann auch ein noch nicht gelöster Konflikt zwischen verschiedenen Motiven sein. In diesem Fall sollte weiter an der Formulierung gearbeitet werden. Denn negative Affekte führen zu einer Vermeidungshaltung und erschweren später die Umsetzung des Ziels. [425]
Die drei Kernkriterien werden in einem Impulsreferat transparent gemacht. Dann erhält jeder Teilnehmer ein Arbeitsblatt auf dem er einträgt, welche Kernkriterien sein vorläufiges Motto-Ziel noch nicht erfüllt. Daraus formuliert er einen Arbeitsauftrag.
Dieser bildet die Grundlage für einen weiteren Ideenkorb mit Verbesserungsvorschlägen für das Motto-Ziel. Wenn einige Teilnehmer sehr große Schwierigkeiten mit der Erfüllung der Kernkriterien haben, sollte der Coach Hilfestellung leisten. An den Ideenkorb schließt sich eine Einzelarbeit an, in der die Teilnehmer sich Gedanken machen über die Konsequenzen der Umsetzung ihres Motto-Ziels in ihrem sozialen Umfeld und ihrer Lebenssituation. Sie versetzen sich in die Lage ihres späteren Selbst und überlegen, in welchen Situationen sie das Motto-Ziel anwenden wollen, was sich in ihrem Leben dadurch ändert, was sie dadurch gewinnen werden und evtl. aufgeben müssen und woran sie das Erreichen ihres Motto-Ziels erkennen. [426]
Die Vorstellungsbilder werden mithilfe der somatischen Marker ausgewertet. Hierdurch kann sich das Motto-Ziel nochmal ändern, beispielsweise kann ein sozialer Aspekt hinzukommen. Auf einem Arbeitsblatt wird eine neue Fassung des Motto-Ziels festgehalten. Anschließend geht die Runde wieder ins Plenum. Jeder darf den Entwicklungsprozess seines Motto-Ziels kurz vorstellen, was für andere wiederum eine Anregung sein kann. Die Gruppe unterstützt sich dabei in der Annahme auf dem richtigen Weg zu sein. [427]
Zusammen mit der Leitung überprüft sie für jeden nochmals die Erfüllung der Kernkriterien und kann konstruktive Anregungen geben. [428]
Abbildung 4: Die Affektbilanz zur Visualisierung der somatischen Marker (nach Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 125)
[413] Ebd., S. 242.
[414] Vgl. ebd., S. 150. Wenn die an Silvester gefassten Vorsätze schon nach kurzer Zeit scheitern, könnte dies der Grund sein. (Vgl. ebd.)
[415] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 242.
[416] Vgl. ebd., S. 149.
[417] Ebd., S. 242.
[418] Vgl. ebd., S. 150.
[419] Hier wird der Fall einer Segelsportgruppe genannt, die als erstes Motto-Ziel „Wir wollen gewinnen!“ wählten. Da sie jedoch keinen Einfluss auf die Wetterverhältnisse und die Verfassung der anderen Mannschaften hatten, änderten sie ihr Motto-Ziel in ein wirksameres ab: „Wir geben unser Bestes. (Vgl. ebd., S. 154)
[420 ]Vgl. ebd., S. 151.
[421] Das Phänomen der „erlernten Hilflosigkeit“ (learned helplessness) wurde vom amerikanischen Motivationspsychologen Martin E. P. Seligman nachgewiesen.
[422] DasKonzept der Selbstwirksamkeit (self-efficacy) stammt vom kanadischen Psychologen Albert Bandura.
[423] Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 155.
[424] Vgl. ebd., S. 246.
[425] Vgl. ebd., S. 154.
[426] Vgl. ebd., S. 340.
[427] Vgl. ebd., S. 248.
[428] Vgl. ebd., S. 249.
NachAbschluss der Phase 2 ist derRubikon erfolgreich überschritten. Es wird davon ausgegangen, dass durch die intensive Arbeit mit den Motto-Zielen Bewusstes und Unbewusstes miteinander zur Deckung gebracht worden sind. Da das Ziel im Unbewussten verankert ist,
kann die Zielverfolgung auch von dort aus gesteuert werden, mit einer unterschwelligen Form der Aufmerksamkeit – Vigilanz genannt –, die keine bewusste Verarbeitungsenergie benötigt. Die dritte Trainingsphase entspricht der präaktionalen Vorbereitung im Rubikon-Prozess. Auch auf dieser Stufe wird weiter mit dem Unbewussten gearbeitet. Hier soll die Haltung, die im Motto-Ziel formuliert wurde, noch besser gestützt werden. Dies kann man auch als neurologischen Lernprozess verstehen: Das neu gebildete neuronale Netz des Motto-Ziels ist noch zu schwach, um in Alltagssituationen erfolgreich aktiviert werden zu können. [429] Daher muss es gebahnt werden.
Zur Veranschaulichung werden den Teilnehmern die Prinzipien der neuronalen Plastizität und der Bahnung in einem Impulsreferat erklärt (siehe Abschnitt 6.1). Zu Beginn verweist die Leitung auch noch einmal auf den Ressourcenpool, dort befinden sich mittlerweile das Bild aus Phase 1 und das Motto-Ziel aus Phase 2.
Zur Erarbeitung der nächsten Ressource wird die Funktionsweise von Priming anhand von Forschungsbeispielen erklärt (siehe Abschnitt 6.4.2). Die als Primes eingesetzten Gegenstände dienen dazu das Unbewusste nebenher laufend an das Motto-Ziel zu erinnern.
Sie können jedoch auch bewusst eingesetzt werden um eine einmalige starke Fokussierung auf das Motto-Ziel auszulösen. Dies kann z.B. dann geschehen, wenn die Person merkt, dass sie in einer brenzligen Situation die Kontrolle zu verlieren droht und Gefahr läuft, in alte unerwünschte Verhaltensmuster zurückzufallen. Dann kann sie ihren Prime-Gegenstand bewusst anschauen oder anfassen, um ihr Motto-Ziel neu zu stärken. In dieser Funktion wird der Gegenstand als „Zielauslöser“ bezeichnet.
Für Primes und Zielauslöser zusammen verwendet das ZRM den Oberbegriff „Erinnerunghilfen“. Worauf es beim Entwerfen von Erinnerungshilfen ankommt, macht die Kursleitung deutlich, indem für einen Kursteilnehmer Erinnerungshilfen passend zum Motto-Ziel gesucht werden:
Als Erinnerungshilfen eignen sich viele Gegenstände: Schlüsselanhänger mit einem bestimmten Motiv, Kleider in einer bestimmten Farbe, Fotos; es eignen sich auch Düfte oder Musik (sofern diese auf einem Träger gespeichert ist: CD, Handyklingelton; keine Melodien, die man selbst summt).
Es können auch nicht-tragbare Objekte sein (Gardinen, das Hintergrundbild am PC, Zimmerpflanzen). Wichtig ist, dass die als Primes gewählten Erinnerungshilfen der eigenen Kontrolle unterliegen. [430] Sie müssen für die Person unmittelbar mit dem Thema des eigenen Motto-Ziels assoziiert sein. Deshalb eignen sich auch nur Gegenstände, die man sich neu zulegt, da alte Gegenstände „bereits assoziativ besetzt sind.“ [431]
Das Bild aus Phase 1 stellt so gesehen auch eine Erinnerungshilfe dar. Auf einem Arbeitsblatt soll nun jeder Teilnehmer mobile und stationäre Erinnerungshilfen entwerfen. [432] In einer anschließenden Plenumsrunde stellt jede Person drei ihrer Erinnerungshilfen vor und gibt dadurch den anderen weitere Ideen. Schließlich wird noch der Plan eines gemeinsamen Wichtelns zum Abschluss des Trainings eröffnet. Jeder Teilnehmer zieht verdeckt einen Partner, für den er eine kleine Erinnerungshilfe besorgt. Die Wichtelrunde bei Kursende wird als gelungenes Abschlussritual betrachtet, bei dem sich die Teilnehmer durch ihre Zuwendung gegenseitig sehr motivieren. [433]
Außerdem werden dort nochmal viele Anregungen für Erinnerungshilfen ausgetauscht.
Als zweite Ressource in Phase 3 erarbeiten die Teilnehmer ein Embodiment zu ihren Motto-Zielen. Dabei handelt es sich um deutliche Körperbewegungen oder -positionen ähnlich Yoga- oder Tai-Chi-Übungen. [434] Zunächst wird die Theorie der Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche erläutert (siehe Abschnitt 6.4.3). Um den Teilnehmern hierzu eine eigene Erfahrung zu ermöglichen, werden zwei körperlich-geistige Übungen angeleitet.
[435] Anschließend wird das Vorgehen für die folgende Gruppenarbeit erläutert und am Beispiel eines Teilnehmers demonstriert.
Die Gruppen sollen jeweils aus mindestens vier Teilnehmern bestehen. Wie die Autoren annehmen, sind die meisten Menschen aus unserem Kulturkreis bezüglich freien, spontanen Bewegungen gehemmt. [436]
Daher empfiehlt sich zunächst eine theoretische Vorphase:
Die Teilnehmer überlegen gemeinsam, in wie vielen Einzelbewegungen das Motto-Ziel der Hauptperson dargestellt werden soll.
Wenn das Motto-Ziel mehrere Teile umfasst, kann zu jedem eine Bewegung gestaltet werden. In diesem Fall ist die Reihenfolge festzulegen, nach der die Teile dargestellt werden. Die letzte Entscheidung kommt hierbei der Hauptperson zu. Die konkreten Ausführungen werden dann in einem „körperlichen Ideenkorb gesammelt“, der pro Person 10 Minuten dauert. [437]
Hier muss deutlich gemacht werden, dass es nicht darauf ankommt, lange über ein mögliches Embodiment nachzudenken, sondern dass sich die Teilnehmer zunächst alle gleichzeitig in Bewegung setzen und die Vorschläge dann aus dem laufenden Bewegungsprozess entstehen.
Hier kommt der anfänglichen Demonstration in der Gruppe eine große Bedeutung zu. Die Kursleitung muss auch dazu ermutigen,
die Bewegungen deutlich und mit Ausdruck auszuformen. Viele Gruppen beginnen aus Schüchternheit zuerst mit sehr kleinen Bewegungen. [438]
Nach jedem Bewegungsdurchgang probiert die Hauptperson die Bewegungen aus, und wählt diejenigen, die ihr gut gefallen. Diese werden von der Protokollperson aufgeschrieben.
Dann gibt die Hauptperson das Startsignal für einen neuen Durchlauf. Im Anschluss an den Ideenkorb erfolgt die Auswertung wieder in Einzelarbeit. Jeder Teilnehmer probiert die Vorschläge nochmal aus und erstellt daraus ein Embodiment, das seinem Motto-Ziel am besten entspricht. Das Ergebnis wird auf einem Arbeitsblatt sowohl schriftlich festgehalten als auch nachträglich in künstlerische Form in eine abstrakte menschliche Figur hineingemalt. Es ist auch möglich, Imaginationen in die Körperarbeit einzubeziehen. [439]
Beispielsweise kann man sich vorstellen, dass bestimmte Körperstellen warm werden oder dass man sich in einer bestimmten Landschaft befindet. Zum Abschluss der Phase stellt jeder seine Bewegung und das entsprechende Bild vor. Die Ergebnisse werden gemeinsam zum Ressourcenpool hinzugefügt.
[429] Vgl. ebd., S. 157.
[430] Vgl. ebd., S. 260.
[431] Ebd.
[432] Dieser Schritt kann auch als Ideenkorb durchgeführt werden.
[433] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 263.
[434] Vgl. ebd., S. 267.
[435] Zur Erprobung des Einflusses von Geist auf Körper sollen die Teilnehmer die Arme auf Schulterhöhe seitlich waagrecht ausstrecken und den Oberkörper so weit wie möglich in eine Richtung drehen. Wie weit sie kommen, merken sie sich an der Position eines Armes. Nun wird das Experiment zweimal in Gedanken durchgeführt, wobei sich die Teilnehmer vorstellen sollen, dass sie nun noch ein Stück weiter drehen können. Im Anschluss wird der Vorgang in der Realität wiederholt und es stellt sich heraus, dass sie wirklich ein gutes Stück weiter drehen können. Für den Einfluss des Körpers auf den Geist sollen die Teilnehmer erst eine aufrechte, gerade Oberkörperhaltung einnehmen und sich dabei unglücklich und minderwertig fühlen. Dann nehmen sie eine geduckte, verkrümmte Haltung ein und und erhalten die Anweisung sich glücklich und selbstbewusst zu fühlen. Dies ist in beiden Fällen nicht möglich. (Vgl. ebd., S. 265f)
[436] Vgl. ebd., S. 268.
[437] Vgl. ebd.
[438] Vgl. ebd., S. 270.
[439] Vgl. ebd.
Phase 4 des Ressourcentrainings widmet sich weiter der präaktionalen Vorbereitung.
Diesmal soll die Umsetzung des Motto-Ziels mit den Mitteln des Verstandes abgesichert werden. Es wird nicht als nötig erachtet das Verhalten in Unterziele mit konkreten Handlungsschritten zu unterteilen. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass es reicht, das Haltungsziel zu aktivieren.
Das Unbewusste ist dann in der Lage, in jeder Situation die jeweils passende Handlung spontan zu erzeugen. Dafür soll der effektive Einsatz der Ressourcen in bestimmten Alltagssituationen strategisch geplant werden. Die Teilnehmer erwerben hierzu das nötige
„Meta-Know-How“, dass ihnen ermöglicht bestimmte Situationen im Bezug auf die Zielrealisierung einzuschätzen. [440]
Das ZRM unterscheidet im sogenannten „Situationstypen-ABC“ die Situationen nach Schwierigkeitsgrad. Hierüber erhalten die Teilnehmer zu Beginn der Einheit einen kurzen Überblick. Dann werden die Situationen nacheinander ausführlich bearbeitet.
7.5.1 Situationstyp A
Situationen dieses Typs sind solche, in denen das zielrealisierende Handeln leicht umgesetzt werden kann. Das neuronale Netz ist durch die bisherigen Trainingsphasen bereits so weit gestärkt, dass es in überschaubaren, stressfreien Situationen erfolgreich aktiviert werden kann.
Die Gefahr hierbei ist allerdings, dass der Erfolg übersehen wird oder dass er als nicht bedeutsam abgetan wird. Die Teilnehmer sollen eine Sensibilität für solche Situationen entwickeln und sie nutzen, um ihr Selbstwirksamkeits- und Selbstwertgefühl zu stärken. Auch die scheinbar leicht zu erringenden Erfolge sind Anerkennung und Lob wert. [441]
Mit ihnen kann man sich klarmachen, dass man auf dem richtigen Weg ist. Dies wird auch aus neurobiologischer Sicht bekräftigt. Hierzu wird Grawe zitiert:
„Jede bestätigende Rückmeldung bekräftigt die bestehenden synaptischen Verbindungsgewichte
des dem Schema zugrundeliegenden neuronalen Erregungsmusters,
so dass in Zukunft dieses Schema noch leichter aktiviert werden kann.“ [442]
Im Plenum tauschen sich die Teilnehmer über mögliche A-Situationen aus und werden dazu angeregt ein Erfolgstagebuch über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen nach Kursende zu führen. [443] Das Handbuch gibt hier die Anregung, die Parabel von den Glücksbohnen anzubringen. [444] Die Teilnehmer können die darin geschilderte Bohnen-Zählmethode auch selbst verwenden.
Statt Bohnen sind auch andere Gegenstände denkbar, die thematisch mit dem Motto-Ziel in Verbindung stehen. [445]
7.5.2 Situationstyp B
Bei Typ B handelt es sich um „Situationen, in denen die Verwirklichung des Motto-Ziels schwierig ist, die jedoch vorhergesehen und darum vorbereitet werden können.“ [446]
Das ZRM bezeichnet sie auch als „Fitnessstudio für das neuronale Netz“. [447]
Das bis dahin erst schwach ausgebildete neuronale Netz kann durch bewusste Planung soweit gebahnt werden, bis die Aktivierung des Motto-Ziels routinemäßig über das implizite Gedächtnis gesteuert wird.
Planung des Ressourceneinsatzes Die Teilnehmer sollen nun zunächst mögliche B-Situationen aus ihrem Alltag auf einem Blatt aufschreiben. Neben Situationen, deren zeitliches Eintreffen exakt vorhergesagt werden kann, können dies auch Situationen sein, deren Zeitpunkt zwar nicht exakt bestimmbar ist, von denen man aber weiß, dass sie irgendwann eintreten. [448] Auf einem Arbeitsblatt sollen die Situationen entsprechend ihrer Schwierigkeit auf einer Skala von Null bis 100 („Situationen-Thermometer“) eingetragen werden.
Für dieweitere Arbeit soll eine Situation ausgewählt werden, die zeitlich möglichst nah an das Training anschließt und einen Wert zwischen 40 und 60 aufweist. Diese eignet sich deshalb für eine realistische Planung, weil der Schwierigkeitsgrad zwischen Unter- und Überforderung bzw. zwischen drohender Gleichgültigkeit und Enttäuschung liegt. Auf einem weiteren Arbeitsblatt soll die Situation möglichst genau charakterisiert werden. In Dreiergruppen soll der Ressourceneinsatz für die ausgewählten Situationen gemeinsam geplant werden.
Zuvor erläutert die Kursleitung jedoch noch die Einsatzmöglichkeit von zwei möglicherweise hilfreichen Ressourcen:
Das Micro-Movement und soziale Ressourcen.
Das Micro-Movement trägt der Tatsache Rechnung, dass die zu planende Situation es möglicherweise nicht zulässt das Embodiment als Ressource zu verwenden. Daher kann von diesem eine Art Mikro-Version abgeleitet werden, die auch in der Öffentlichkeit unbemerkt durchgeführt werden kann. Beschreibt zum Beispiel das Embodiment eine große, kreisförmige Armbewegung, „so kann das Micro-Movement dazu ein leichtes unauffälliges Schulterkreisen sein.“ [449]
Soziale Ressourcen sind Personen im Umfeld der Situation, die gezielt eingesetzt werden können, um das Motto-Ziel zu aktivieren.
Es ist z.B. möglich, dass manche Personen aufgrund ihrer Mentalität das Motto-Ziel unterstützen („stille soziale Ressourcen“).
Es können auch Personen sein, die man aktiv etwas tun lässt, was an das Motto-Ziel erinnert. Diese müssen nicht einmal darüber Bescheid wissen („strategische soziale Ressourcen“). Es ist natürlich auch möglich, dass man sich Verbündete sucht, die man über seine Ressourcenpläne aufklärt und gezielt um Hilfe bittet („eingeweihte soziale Ressourcen“). Als eingeweihte Ressourcen eignen sich auch optimal die Mitglieder der eigenen Trainingsgruppe. [450]
[440] Vgl. ebd., S. 276.
[441] Vgl. ebd., S. 277.
[442] Grawe, Therapie 1998, S. 444f.
[443] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 277.
[444] Es war einmal ein Bauer, der steckte jeden Morgen eine Handvoll Bohnen in seine linke Hosentasche. Immer, wenn er während des Tages etwas Schönes erlebt hatte, wenn ihm etwas Freude bereitet oder er einen Glücksmoment empfunden hatte, nahm er eine Bohne aus der linken Hosentasche und tat sie in die rechte. Am Anfang kam das nicht so oft vor. Aber von Tag zu Tag wurden es mehr Bohnen, die von der linken in die rechte Hosentasche wanderten. Der Duft der frischen Morgenluft, der Gesang der Amsel auf dem Dachfirst, das Lachen seiner Kinder, das nette Gespräch mit einem Nachbarn – immer wanderte eine Bohne von der linken in die rechte Tasche.
Bevor er am Abend zu Bett ging, zählte er die Bohnen in seiner rechten Hosentasche. Und bei jeder Bohne konnte er sich an das positive Erlebnis erinnern. Zufrieden und glücklich schlief er ein – auch wenn er nur eine Bohne in seiner rechten Hosentasche hatte. (Verfasser unbekannt, Text entnommen von http://www.lebensweg-beratung.com/2015/04/17/geschichte-von-der-gl%C3%BCcksbohne/ – Zugriff am 14.2.2016)
[445] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 278.
[446] Ebd., S. 184.
[447] Ebd., S. 278.
[448] Vgl. ebd., S. 279.
[449] Ebd., S. 281.
[450] Vgl. ebd., S. 283.
Wenn-Dann-Pläne In den Kleingruppen erhält jedes Mitglied 15 Minuten, in denen gemeinsam nach Möglichkeiten des Ressourceneinsatzes für seine gewählte Situation gesucht wird.
(Hier geht es nicht darum, über richtiges Verhalten in der Situation nachzudenken.)
Die Vorschläge, die ihm gut gefallen, notiert es. Nach 45 Minuten kommt die Gruppe zusammen. Der Ressourcenpool wird nun aktualisiert und ist jetzt vollständig – zumindest was das ZRM-Training betrifft (siehe Abbildung 3).
Im folgenden Arbeitsschritt soll der Einsatz der gewählten Ressoucen präzise mithilfe von Wenn-Dann-Plänen geplant werden. Diese sind ein Werkzeug der Motivationspsychologie. [451] In ihnen wird eine sprachliche Verknüpfung zwischen einem situativen Hinweisreiz X und einer beabsichtigten Handlung Y hergestellt, und zwar in der Form: „Ich beabsichtige in folgender Weise Y zu tun, wenn Situation X eintritt.“ [452]
Wenn-Dann-Pläne sind wesentlich präziser als einfache Vorsätze („Ich beabsichtige Y zu tun.“). Bei häufiger Ausführung gehen sie ins Intentionsgedächtnis über, sodass sie automatisch ablaufen. Als Veranschaulichung dient hier ein Frosch, der seine Zunge automatisch herausschnellt, sobald er eine Fliege sieht. [453]
Gegenüber einfachen Vorsätzen erhöhen Wenn-Dann-Pläne deutlich das Gefühl der persönlichen Verpflichtung. [454]
Zur Verwendungsweise wird Folgendes geraten:
„Wenn-Dann-Pläne werden am besten einmal aufgeschrieben, um die mentale Verknüpfung
von Situation und Handlung zu gewährleisten. Wichtig ist, dass der Satz
in einem Zug hingeschrieben wird. Geübte Personen können einenWenn-Dann-Plan
auch rein gedanklich fassen und dreimal in der Vorstellung vor sich hinsprechen.“ [455]
Die Teilnehmer erhalten zunächst ein Impulsreferat über Wenn-Dann-Pläne. Danach untersuchen sie ihre gewählte B-Situation genauestens auf mögliche Zeichen, die erkennen oder erahnen lassen, dass sie demnächst in ein altes unerwünschtes Verhaltensmuster zurückfallen.
Dies können sowohl innere, d.h. körperliche Signale sein, wie auch äußere Situationsmerkmale. [456]
Hieraus ergibt sich die Wenn-Komponente des Plans. Die Dann-Komponente kann nach dem ZRM auf zwei unterschiedliche Arten arbeiten. Sie kann einmal einen bestimmten Ressourceneinsatz vorgeben („ressourcenaktivierend“); oder sie kann ein bestimmtes Verhalten fordern („verhaltensaktivierend“, z.B. „…dann atme ich tief durch.“) [457]
Für welche Art von Wenn-Dann-Plänen der Teilnehmer Vorschläge bekommen möchte, vermerkt er auf einem Arbeitsblatt. Auf dieser Grundlage wird ein weiterer Ideenkorb in Dreier- oder Vierergruppen durchgeführt. Dieser umfasst eine Dauer von fünf Minuten pro Hauptperson. Aus den gesammelten Vorschlägen wählt sich jeder Teilnehmer den besten aus und schreibt seinen Wenn-Dann-Plan auf.
[451] Sie knüpfen an das Konzept der Ausführungsintentionen des Motivationspsychologen Peter M. Gollwitzer (Siehe ebd., S. 177)
[452] Vgl. ebd.
[453] Vgl. ebd., S. 178.
[454] Vgl. ebd., S. 177.
[455] Ebd., S. 183.
[456] Vgl. ebd., S. 286f.
[457] Vgl. ebd., S. 287.
Dieser Typ umfasst Situationen, die unvorhergesehen eintreten und darum eine große Herausforderung für die Umsetzung des Motto-Ziels bieten. Für solche Situationen ist es wichtig, den Teilnehmern gute Strategien des Umgangs an die Hand zu geben, da sonst die Gefahr besteht, dass sie in negative Gefühle wie Wut, Enttäuschung und Hilflosigkeit verfallen. [458] Im schlimmsten Fall können sie sogar ganz zum Aufgeben des Ressourceneinsatzes und des Motto-Ziels führen.
Hier ist es zunächst wichtig, den Teilnehmern klarzumachen, dass solche Situationen vorkommen und auch nicht verhindert werden können.
Denn aufgrund ihres überraschenden Eintretens ist der Ressourceneinsatz ja gar nicht planbar. Somit ist es angebracht, gelassen mit ihnen umzugehen. Im zweiten Schritt kann man daran gehen, gegen solche Situationen vorzugehen. Dazu wird den Teilnehmern in einem Impulsreferat eine Strategie an die Hand gegeben.
Zunächst muss erkannt werden, dass etwas Erlebtes eine C-Situation war. Solche Situationen sollen in einem Logbuch gesammelt werden. Wenn man auf diese Weise vier bis sechs C-Situationen beisammen hat, können diese auf ihre Merkmale untersucht werden:
bestehen Gemeinsamkeiten hinsichtlich des Verlaufs, der beteiligten Personen oder der Rahmenbedingungen? [459] Lässt sich hier ein gemeinsames Muster ausmachen, so besteht die Chance, dass man das bei einer solchen Situation beim nächsten Mal früher gewahr wird.
Auf diese Weise lässt sich eine C-Situation in eine des Typs B umwandeln. Abbildung 5 zeigt die drei Situationstypen, wie sie nach dem ZRM-Training durchlaufen werden sollen. Eine B-Situation wird durch häufiges Trainieren zu einer A-Situation.
Damit hat man das erwünschte Motto-Ziel erfolgreich als Automatismus etabliert. Dieser Prozess nimmt etwa einen Trainingszeitraum von drei bis sechs Monaten in Anspruch. [460]
Abbildung 5: Das Situationstypen-ABC, wie es im ZRM durchlaufen wird: Eine schwere, unvorhergesehene Situation des Typs C wird durch Analyse zu Typ B und durch Automatisierung zu einer leichten Situation von Typ A.
(Bildquelle: Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 355)
[458] Vgl. ebd., S. 289.
[459] Vgl. ebd., S. 292.
[460] Vgl. ebd., S. 290.
Diese Phase dient dazu, den Trainingsprozess für die Teilnehmer gelungen abzurunden und sie gleichzeitig dazu zu motivieren, die erworbenen Techniken in den Alltag mitzunehmen und dort auch wirklich einzusetzen. In einem kurzen Impuls wird zunächst das Thema Transfersicherung angesprochen. Es wird ihnen bewusst gemacht, dass sie im bisherigen Trainingsprozess bereits alle erforderlichen Ressourcen aufgebaut haben.
Damit die entsprechenden neuronalen Netze nicht wieder verschwinden, ist es nötig, diese auch entsprechend Phase 4 im Alltag einzuplanen, zu nutzen und dadurch zu festigen. [461]
Hier muss man realistischerweise auch mit Schwierigkeiten und Ungewissheiten rechnen. Die Teilnehmer erhalten etwas Zeit, um sich Gedanken zu machen, welches Haupthindernis sie im Alltag bezüglich der Umsetzung ihres Motto-Ziels zu erwarten haben.
Dieses notieren sie auf einem Arbeitsblatt. Anschließend wird ein kurzer Ideenkorb veranstaltet, in dem jede Hauptperson fünf Minuten Tipps und Tricks zum Umgang mit dem persönlichen Haupthindernis bekommt. [462]
Schließlich kann erneut auf die Möglichkeit hingewiesen werden, die anderen Gruppenmitglieder als soziale Ressource über den Trainingszeitraum hinaus zu nutzen und sich paar- oder gruppenweise in seinem Alltagsprozess gegenseitig zu unterstützen. Hierzu haben sich vielleicht einige Personen auch schon während des Trainings zusammengefunden.
Die Leitung kann dies auch anregen, indem sie zu Beginn eine Liste aushängt, in die sich alle eintragen, die an einem weiteren Kontakt untereinander Interesse haben. Alternativ kann man die Teilnehmer jetzt im Raum eine „lebendige Landkarte“ nach Wohnort bilden lassen, um die Leute in räumlicher Nähe zueinander zusammenzubringen. [463]
Abschließend ist es möglich, dass die Teilnehmer alleine oder in selbstgewählten Zweiergruppen den gesamten Trainingsprozess nochmal für sich reflektieren. Hierzu gibt es ein Arbeitsblatt, auf dem noch einmal das Motto-Ziel, die persönlichen Veränderungen während des Trainings, der aktuelle Punkt der eigenen Entwicklung und sonstige Anliegen eingetragen werden. [464]
Eine solche Reflexion kann wichtig sein, um die im Training entwickelten Aspekte stimmig in sein Konzept von sich selbst bzw. von seiner bisherigen Lebensgeschichte zu integrieren. [465] Wird sie im Zweiergespräch vorgenommen, so soll der Partner, der gerade nicht an der Reihe ist, vorwiegend zuhören und Anteil nehmen.
Dies wird in der Regel als sehr wertvoll erfahren. [466]Die Ergebnisse der Reflexion werden nicht in der gesamten Gruppe besprochen. Zum Abschluss der Veranstaltung kann der Trainingsleiter noch vorschlagen, nach zwei bis sechs Monaten eine eintägige Folgeveranstaltung durchzuführen. In einer solchen Veranstaltung können neu aufgetauchte Fragen geklärt sowie das Motto-Ziel und der Ressourceneinsatz erneut in den Blick genommen und ggfs. optimiert werden.
Zum Abschluss werden die Wichtelgeschenke reihum im Plenum ausgetauscht. Die Erinnerungshilfe wird vom Schenkenden kurz erklärt und von der gesamten Gruppe mit Applaus wertgeschätzt. [467] Anschließend kann der gesamte Trainingsprozess nochmal in einer angeleiteten Entspannung in den Blick genommen werden, bevor jede Person nochmal ihren Eindruck und ihre Haupterkenntnis aus dem Training nennen darf und, was sie sonst der Leitung oder der Gruppe noch zu sagen hat. [468]
[461] Vgl. Storch/Krause, Selbstmanagement 2014, S. 296.
[462] Vgl. ebd., S. 297.
[463] Vgl. ebd., S. 299.
[464] Vgl. ebd., S. 300.
[465] Vgl. ebd., S. 197.
[466] Vgl. ebd., S. 300.
[467] Vgl. ebd., S. 301.
[468] Vgl. ebd., S. 301f.