Neue Gemeinschaft – Fortsetzung

Neue Gemeinschaft – Fortsetzung

Herbert King

3.4. Religiös-christliches Gepräge der neuen Gemeinschaft  

Mit der neuen Gemeinschaft hat Pater Kentenich einen ausgesprochen religiösen Typ von Gemeinschaft geschaffen. Von neuer Gemeinschaft im vollen Sinn kann erst dann die Rede sein, wenn auch das religiöse Element eine bewusste und aktive Rolle spielt. Neue Gemeinschaft bedeutet auch Erneuerung ihres religiösen Fundaments. Gerade für moderne Religiosität fordert Pater Kentenich als etwas Unverzichtbares einen “festen Halt in einer religiösen Gemeinschaft” (PT 1951, 111-126).

Neue Gemeinschaft bedeutet somit, bewusst aus der in Christus und dem Heiligen Geist grundgelegten übernatürlichen Verbundenheit zu leben. Hier ist der Begriff der “übernatürlichen Schicksalsverwobenheit” wichtig. Zu nennen ist sodann die Erfahrung des marianischen Elements als besonders Gemeinschaft schaffend. Sodann lehrt der praktische Vorsehungsglaube, die Gemeinschaftsgeschichte als heilige Geschichte zu deuten. Schließlich gibt es Vollendung der Gemeinschaft in der ewigen Schau und Liebe Gottes.

Das oben über die “seelischen” Aspekte der Gemeinschaft Ausgeführte hat für den religiösen Bereich noch einmal eine besondere Bedeutung. Zur neuen Gemeinschaftskultur gehört es, sich religiös auszudrücken, zu artikulieren und gegenseitig sich mitzuteilen. Auf diese Weise schließt die Gemeinschaftsseele auch die religiösen Aspekte mit ein.

Gemeinschaft wird zu einem geistig-seelischen Raum, in dem der einzelne Gott, Jesus Christus, dem Hl. Geist und der Gottesmutter begegnet. Das seelische In-, Mit- und Füreinander ist so nicht nur eine psychologische Wirklichkeit, sondern auch eine gnadenhafte. Gott wohnt im gemeinsamen Bewusstsein und Unbewusstsein, im Leben, in der Seele der Gemeinschaft, im Geflecht ihrer verschiedenen Beziehungen und Bezüge. Die Schönstattspiritualität nennt diesen Raum gerne Heiligtum (>>Herzensheiligtum).

Eine bewusste und entschiedene Hinwendung zu den bleibend gültigen religiösen Fundamenten wird zu jeder Zeit als “neu” und alternativ empfunden. Pater Kentenich vergleicht solche Vorgänge oft mit dem Neuheitserlebnis der ersten Christengemeinden und -gemeinschaften. Für die Kirchengeschichte können wir dies vor allem im Raum des Ordenslebens beobachten.

Insgesamt haben wir in der Gemeinschaftslehre und -praxis Schönstatts den Versuch einer Theologie der soziologischen und psychologischen Wirklichkeiten der Gemeinschaft. Das Psychologisch-Soziologische, die gruppendynamischen Gesetzmäßigkeiten werden aber durch die Betonung des Religiösen (und Ethischen) nicht außer Kraft gesetzt. Typisch für die neue Gemeinschaft ist, dass eine Synthese angestrebt ist, in der die jeweilige Eigenwertigkeit erhalten bleibt.

3.5. Geist (Leben) und Form

Entscheidend für das Neue an der neuen Gemeinschaft ist ferner das Verhältnis von Geist (Leben) und Form, von geistig-seelischer Innenseite auf der einen Seite und ihrer institutionellen Form (Satzungen, Regeln, Bräuche, Vorschriften) auf der anderen.

Dieses Verhältnis ist nach dem >>Bau- und Grundgesetz zu gestalten: “Bindung (nur, aber auch) soweit als nötig, Freiheit soweit als möglich, Geistpflege auf der ganzen Linie in vollendeter und gesicherter Weise” (LS 1952 I, 30). Dieses bestimmt als “organisatorisches, aszetisches, pädagogisches, seelsorgerliches und psychologisches Prinzip” (BPrEx 1967, 69 f., 110) das Kräftespiel der neuen Gemeinschaft in allen ihren Aspekten.

4. Leitungsstil

Das Bau- und Grundgesetz bestimmt auch den Leitungsstil der neuen Gemeinschaft. Jede Gemeinschaft ist zutiefst davon bestimmt, wie sie geleitet wird. Eine Gemeinschaft ist “neu” im Maß als auch ihr Leitungsstil neu ist. So ging es Pater Kentenich um eine Erneuerung und Neuschöpfung der inneren und äußeren Gestalt des Leitens wie des Geleitet Werdens (>>Gehorsam, >>Autorität, >>Regierungsprinzip). Darüber hinaus hat er die Bedeutung der Vertrauensstellung von väterlichen und mütterlichen Gestalten in einer Gemeinschaft immer mehr erkannt. In ihnen wird Gemeinschaft in einer tiefen Weise zur Familie. Im Bild der Familie sieht Pater Kentenich die Zusammenfassung seiner gemeinschaftlichen Vorstellungen.

>Bau- und Grundgesetz, >>Bindung, >>Bund, >>Familie, >>Freie Gemeinschaft, >>Liga, >>Mutter, >>neuer Mensch, >>neuer Mensch in neuer Gemeinschaft, >>Organisationsprinzip, >>Schönstatt/Struktur, >>Vater, >>Verbände, >>Zielgestalt,


Literatur:

  • M. Gerwing/H. King (Hrsg.), Gruppe und Gemeinschaft, Vallendar Schönstatt 1991
  • E. Frömbgen, Neuer Mensch in neuer Gemeinschaft, Vallendar Schönstatt 1973
  • H. Schlosser, Der neue Mensch die neue Gesellschaftsordnung, Vallendar-Schönstatt 1971
  • H. Schlosser, Zum Begriff der “neuen Gemeinschaft” in Schönstatt, Regnum 5 (1970) 49-56.

Schönstatt-Lexikon:

Herausgeber: Internationales Josef-Kentenich-Institut für Forschung und Lehre e.V. (IKF)

Verlag: Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt – All rights by Patris-Verlag – www.patris-verlag.de

Online-Präsentation: Josef-Kentenich-Institut e.V. (JKI) – www.j-k-i.de

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