Pallotti, Vinzenz
Paul Vautier
1. Biographisches
2. Werk und Wirkungsgeschichte
3. Spiritualität
1. Biographisches
Vinzenz Pallotti wurde am 21.4.1795 in Rom als Sohn eines Kaufmannes geboren. Er wurde Priester, promovierte und arbeitete immer in Rom in verschiedensten außerordentlichen Aufgaben. Dazu gehörten besonders: Repetitor an der Sapienza-Universität, Exerzitien- und Spiritualstätigkeit, Krankenhaus- und Gefängnisseelsorge, Betreuung von Abendschulen. Er wurde ein gesuchter Beichtvater für alle Bevölkerungsschichten. 1833 trat er in näheren Kontakt mit dem Kolleg der Propaganda Fidei, d.h. dem Seminar für die Missionsgebiete, und beschäftigte sich näher mit dem Missions- und Apostolatsgedanken. 1835 entwickelte er die Idee eines universellen Apostolatswerkes, die Gesellschaft des Katholischen Apostolates. Zunächst entstand ein Arbeitskreis von Laien und Priestern. Dann suchte Pallotti die Unterstützung von bestehenden Gemeinschaften. 1838 gründete er ein Fürsorgeheim. Den begonnenen Tätigkeiten stellten sich bald Hindernisse entgegen. Auf Seiten kirchlicher Institutionen erregte der Titel “Katholisches Apostolat” Anstoß – dies sei ein Privileg der Hierarchie. Die Sammeltätigkeit der Mitarbeiter Pallottis wurde als Konkurrenz für den Lyoner Sammelverein für die Missionen (gegr. 1822 von Marie Pauline Jaricot) gesehen. 1838 sollte das Werk Pallottis, das 1835 die päpstliche Billigung erreicht hatte, aufgelöst werden. Pallotti konnte die Rechtswirksamkeit der Auflösung verhindern, änderte dann aber angesichts der Widerstände die Ausrichtung seiner Tätigkeit. 1839 konzipierte er sein Werk neu. Aus den Betreuerinnen des Fürsorgeheims entstand eine Schwesterngemeinschaft. Ab 1841 organisierte er in der Epiphanieoktav eine Art regelmäßige Volksmission für Rom. Sie hatte einen weltkirchlichen Charakter: die Liturgie wurde in verschiedensten Riten gefeiert. Mit einigen Getreuen gründete er 1843/45 eine Priester- und Brüdergemeinschaft, die die Kerngemeinschaft des Katholischen Apostolates sein sollte. Einer der ersten Gefährten Pallottis ging 1844 nach London für die Emigrantenseelsorge, 1846 folgte ein zweiter. Pius IX. überließ der Gründung die römische Kirche San Salvatore in Onda. 1850 starb Pallotti nach kurzer Krankheit. Er wurde 1950 selig und 1963 heilig gesprochen.
2. Werk und Wirkungsgeschichte
Pallottis Idee des “Katholischen Apostolates” schloss den Missionsgedanken mit ein, ging aber weit darüber hinaus. Das Werk sollte Priester und Laien, ja ganze Gemeinschaften umfassen und nicht nur auf die Missionsgebiete, sondern auf die Erneuerung der bestehenden Kirche ausgerichtet, also überall tätig sein. Sein besonderes Anliegen – und damit war er seiner Zeit weit voraus – war das Laienapostolat: Alle Gläubigen jeden Standes sind nach ihm zum Apostolat berufen und befähigt. Sein Ideal war es, die apostolischen Anstrengungen in der Kirche zu beseelen und zu koordinieren. Daher dachte er auch daran, die bestehenden religiösen und apostolischen Gemeinschaften zur Zusammenarbeit zu bewegen. Pallotti entwickelte seine Idee stufenweise. Nach den Schwierigkeiten mit der päpstlichen Anerkennung widmete er sich zunächst mehr um seine Kerngemeinschaften als um die Ausbreitung des Apostolatswerkes. Die Pallottiner und die Pallottinerinnen breiteten sich nach anfänglichen Schwierigkeiten in der ganzen Welt aus.
In der Kirche wurde der Gedanke des Laienapostolates mehr und mehr aufgegriffen, sei es durch die Hierarchie (die Gründung der Katholischen Aktion 1925; Dekret über das Laienapostolat “Apostolicam actuositatem” des II.Vatikanums; CIC [1983], Nr. 204, 211, 215, 215), sei es durch viele neue kirchliche Bewegungen. Die Schönstatt Bewegung versteht sich als Neuaufbruch der Idee Pallottis und hat als langfristiges Ziel, den >>Weltapostolatsverband zu realisieren.
3. Spiritualität
Pallottis großer Vision des weltweiten Apostolates und seinem ruhelosen Wirken entspricht in seiner Spiritualität der Zug der Unendlichkeit: Gott ist für ihn der Unendliche, genauer: die unendliche Liebe. Darin spiegelt sich einerseits die neuzeitliche Welterfahrung, die die engen Vorstellungen von Raum und Zeit sprengt. Andererseits ist Pallottis geistige Welt eine durch und durch personale; es finden sich Züge einer ausgeprägten Dreifaltigkeits und Marienmystik. “Caritas Christi urget nos” (die Liebe Christi drängt uns; 2 Kor 5,14): Die vielen Einzelanregungen und Vorschriften für seine Gemeinschaften konzentriert er wiederum in der Person Christi; die Liebe ist Grundmotiv und Ziel des Apostolats. Die Liebe soll auch die Gelübde ersetzen. Darum haben die Pallottiner keine Gelübde. Weniger aus den Schriften als vielmehr aus den Zeugnissen ersieht man bei Pallotti ein starkes Ergriffensein von der Gegenwart Gottes. Der unendlichen Größe und Liebe Gottes entspricht auch eine starke Betonung der eigenen Nichtigkeit und Fehlerhaftigkeit. Pallottis Akzent auf Vertrauen und Dankbarkeit hat ihn aber vor einer düsteren Frömmigkeit bewahrt.
Literatur:
- Werke: V. Pallotti, Opere complete (Moccia), Rom 1964 ff.
- ders., Ausgewählte Schriften, hrsg. von B. Bayer und J. Zweifel, Friedberg 1985.
- J. Kentenich, Oktoberbrief 1949 an die Schönstattfamilie, Vallendar 1970, 196 S.
- F. Amoroso, Griff ins Grenzenlose. Der geistliche Weg des hl. Vinzenz Pallotti, Limburg 31990
- J. Frank, Vinzenz Pallotti, zwei Bände, Friedberg 1952/62
- Gestalt und Geschichte des “Katholischen Apostolates”, 3 Bände, Limburg 1971 ff
- H.M. Köster, Die Mutter Jesu bei V. Pallotti, Limburg 1964
- A.P. Walkenbach, Der unendliche Gott und das “Nichts und Sünde”, Limburg 1953
- E. Weber, Vinzenz Pallotti. Limburg 1961
- P. Zingg, Der heilige Vinzenz Pallotti. Visionär einer erneuerten Kirche, Regnum 27 (1993) 159-165
Schönstatt-Lexikon:
Herausgeber: Internationales Josef-Kentenich-Institut für Forschung und Lehre e.V. (IKF)
Verlag: Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt – All rights by Patris-Verlag – www.patris-verlag.de
Online-Präsentation: Josef-Kentenich-Institut e.V. (JKI) – www.j-k-i.de