Geistliche Tagesordnung (GTO)

Geistliche Tagesordnung (GTO)

Hans-Werner Unkel

Idee und praktische Handhabung einer Geistlichen Tagesordnung (GTO) stammt aus den von jesuitischer Geistigkeit inspirierten Marianischen Kongregationen, und von dort kam sie durch eine Kleinschrift in den Gesichtskreis P. Kentenichs.

Die Geistliche Tagesordnung hat eine pädagogisch-psychologische Funktion auf dem Weg zur >>Werktagsheiligkeit. Sie enthält selbst gewählte Punkte oder Übungen, die jeden Tag schriftlich kontrolliert werden und die der Kontinuität (Schutz vor Vergesslichkeit und Stimmungsschwankungen) und dem Wachstum des religiösen Lebens dienen sollen. Die Bereiche, aus denen die Punkte der Geistlichen Tagesordnung ausgewählt werden, umfassen das geistliche Leben in seiner Ganzheit: den Bezug zu Gott (Gebetsleben, Meditation), die Beziehung zum Mitmenschen, zur Arbeit, den Umgang mit der Schöpfung und mit sich selbst, wie positive Lebenseinstellung, angemessene Sorge für Gesundheit und Entspannung.

Eine sinnvolle Praxis der Geistlichen Tagesordnung setzt Selbstwertbewusstsein im umfassenden Sinne (Selbsterkenntnis, Selbstannahme, Veränderungsbereitschaft) voraus. Was solche Praxis zu leisten vermag, kann modellhaft am biographischen Heiligkeitsweg von Josef >>Engling abgelesen werden.

Für eine ausgewogene konkrete Praxis ist darauf zu achten, dass die Festlegung einer „Ordnung“ eine gesunde Entfaltung der Eigenaktivität (Spontaneität, Initiativkraft, seelische Vitalität) des Glaubenslebens, der Gottes- und Nächstenliebe voraussetzt. Wo diese Voraussetzung nicht gegeben ist oder nicht beachtet wird, kann das Einhalten einer selbst gewählten Geistlichen Tagesordnung schon vorhandene Tendenzen zum Perfektionismus, zur charakterlichen Unbeweglichkeit so verfestigen, dass die Persönlichkeitswerdung in Freiheit erschwert oder gar unterbunden wird (>>Geistliche Begleitung).

Die Geistliche Tagesordnung ist ein Mittel, das dem in der Welt lebenden Menschen (dem Laien wie dem Religiosen) helfen soll, einen originellen Lebensstil zu gestalten, also zu selbständiger und mitverantwortlicher christlicher Mündigkeit heranzureifen und aus dieser Heiligkeit heraus Familie, Welt und Gesellschaft zu gestalten. Der solidarische Bezug zu Gemeinschaft und Welt ist wesentlicher Bezugsrahmen und aszetische Motivation der Geistlichen Tagesordnung (Beiträge zum >>Gnadenkapital).


Literatur:

  • Die religiösen Übungen, hrsg. von H.W. Unkel, Band 1, 1992, 51 84
  • J. Kentenich, Der erlöste Mensch. Priesterexerzitien 1935/1936, verv.S, A 4, 112 S., 104 f.
  • J. Kentenich, Desiderio desideravi. Milwaukee-Terziat (1962-1963), verv., A 5, elf Bände VI, 146-153
  • J. Kentenich, Zweiter Vortrag vor dem Jungmännerbund in der Marienau, in: Propheta locutus est. Vorträge und Ansprachen von Pater J. Kentenich aus seinen drei letzten Lebensjahren II, Berg Sion o.J., 135 155

Schönstatt-Lexikon:

Herausgeber: Internationales Josef-Kentenich-Institut für Forschung und Lehre e.V. (IKF)

Verlag: Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt – All rights by Patris-Verlag – www.patris-verlag.de

Online-Präsentation: Josef-Kentenich-Institut e.V. (JKI) – www.j-k-i.de

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